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Vererbung der Blutgruppen: Rhesus-System

Das Rhesus-System

Neben den A- und B-Antigenen existieren viele weitere Glycolipide und Glycoproteine in der Membran der Erythrocyten, von denen aber nur eine begrenzte Anzahl eine medizinische Rolle spielen. Das D-Antigen spielt eine solche Rolle. Ursprünglich wurde das D-Antigen im Blut von Rhesusaffen gefunden (1940 durch Karl Landsteiner und Alexander Solomon Wiener), daher spricht man auch vom Rhesus-Faktor oder vom Rhesus-System.

Die acht Blutgruppen
Autor: Ulrich Helmich 2014, Lizenz: siehe Seitenende

In der Abbildung sieht man die acht wichtigen Blutgruppen des Menschen. Die A-Antigene sind als kleine blaue Kreise dargestellt, die B-Antigene als kleine gelbe Kreise. Die noch nicht differenzierten "Baby-Antigene" werden durch kleine graue Kreise symbolisiert. Neu in diesem Bild sind die Rhesus-Antigene, die durch violette Kreise dargestellt werden.

Außerdem sieht man drei Typen von Antikörpern. Die Antikörper gegen die A-Antigene sind blau gezeichnet, die Antikörper gegen die B-Antigene gelb (also in der gleichen Farbe wie die jeweiligen Antigene). Entsprechend wurden die Antikörper gegen die D-Antigene violett gezeichnet.

Menschen, die auf ihren roten Blutkörperchen keine D-Antigene besitzen, bezeichnet man rhesus-negativ. Allerdings haben diese Menschen Rhesus-Antikörper bzw. D-Antikörper in ihrem Blut (im Bild violett dargestellt).

Sie können sich bestimmt schon vorstellen, was passiert, wenn ein rhesus-negativer Patient mit der Blutgruppe A Blut von einem rhesus-positiven Spender der gleichen A-Blutgruppe bekommt.

Blut der Blutgruppe A+ wird mit Plasma der Blutgruppe A- gemischt
Autor: Ulrich Helmich 2014, Lizenz: siehe Seitenende

Die D-Antikörper des A--Empfängers (violett) setzen sich an die D-Antigene der Erythrocyten des Spenders (violett), und das Blut verklumpt.

Menschen mit dem Genotyp DD oder Dd werden daher als rhesus-positiv bezeichnet, Menschen mit dem Genotyp dd dagegen als rhesus-negativ. In Mitteleuropa sind übrigens ca. 80 bis 85% der Bevölkerung rhesus-positiv.

Probleme bei einer Schwangerschaft

Angenommen, die Mutter gehört zu den 15 bis 20% der Personen, die rhesus-negativ (rh-) sind, und der Vater des Kindes ist rhesus-positiv (rh+).

Schauen wir uns einmal die Genotypen der Eltern und der möglichen Kinder an:

Ein rhesus-positiver Vater und eine rhesus-negative Mutter können rh+ - und rh- - Kinder bekommen
Autor: Ulrich Helmich 2014, Lizenz: siehe Seitenende

Der Vater hat hier den Genotyp Dd, ist also rhesus-positiv (D ist dominant gegenüber d). Die Mutter muss den Genotyp dd haben, wenn sie rhesus-negativ ist.

Die Kinder dieser beiden Personen können jetzt den Genotyp Dd oder den Genotyp dd besitzen. Die Chance, rhesus-positiv auf die Welt zu kommen, beträgt hier also 50%.

Nun nehmen wir einmal an, das erste Kind, das diese Eltern bekommen, ist rhesus-positiv, hat also den Genotyp Dd. Das heißt, die Erythrocyten des Fetus besitzen die D-Antigene und keine D-Antikörper.

Normalerweise kommt das Blut der Mutter nicht in Berührung mit dem fetalen Blut, weil die beiden Blutkreisläufe getrennt sind. Bei der Geburt kommt es aber meistens zu Verletzungen, bei denen Blut des Kindes in den Blutkreislauf der Mutter gelangt. Mit den roten Blutkörperchen des Kindes kommen also auch D-Antigene in das Blut der Mutter.

Im Blutplasma der Mutter bilden sich daraufhin - als Abwehrreaktion - D-Antikörper gegen diese eindringenden D-Antigene. Das ist auch nicht weiter schlimm. Nur wenn die Mutter jetzt ein zweites Mal schwanger wird und wieder ein rhesus-positives Kind austrägt, dann befinden sich schon D-Antikörper in ihrem Blut (Immungedächtnis!). Wenn diese Antikörper nun während der Schwangerschaft in den Blutkreislauf des Fetus übertreten, was durchaus passieren kann, kann das zu schweren Schädigungen des Fetus führen. Denn die D-Antikörper können an die D-Antigene der roten Blutkörperchen des Fetus binden und diese verklumpen.

Durch rechtzeitigen Vorsorgeuntersuchungen (Blutgruppenbestimmung) und Vorbeugemaßnahmen (Gabe von Anti-D-Immunglobulin) kann das Risiko für das rhesus-positive Kind aber minimiert werden.

Allgemeine Quellen, die über allgemeines Schulbuchwissen hinausgehen:

  1. Jochen Graw: Genetik, 7. Auflage, Springer Spektrum, Berlin 2021.
  2. Savada, Hillis, Heller, Hacker: Purves Biologie, Springer Verlag Deutschland 2019, 10. Auflage. Herausgegeben von Jürgen Markl.
  3. Wikipedia, Artikel "Rhesusfaktor".