Home > Biologie > Evolutionsbiologie > Geschichte > 5. 19. Jahrhundert: Lamarck

6. Das 19. Jahrhundert: Lamarck

Jean Baptiste Lamarck

Der französische Biologe Jean-Baptiste Lamarck (1744-1829) war der erste "richtige" Evolutionsbiologe. Der Evolutionsgedanke geht zwar nicht auf ihn zurück (also die Idee, dass sich die heute lebenden Arten aus älteren, bereits ausgestorbenen Arten entwickelt haben), aber er legte als erster Forscher eine Theorie vor, die erklärt, nach welchem Mechanismus die Evolution abgelaufen sein könnte.

Evolutionstheorie = Theorie, die erklärt, wie die Evolution der Lebewesen abgelaufen sei könnte.

Das Leben von Lamarck ist ausführlich in der Wikipedia darstellt. Hier soll seine Evolutionstheorie im Vordergrund stehen.

Wichtige Aspekte der Evolutionstheorie von Lamarck sind:

Höherentwicklung der Arten

Allen Arten wohnt ein Trieb zur Vervollkommnung inne, der dafür sorgt, dass Lebewesen im Laufe der Zeit immer komplexer werden, sich höher entwickeln. Die Höherentwicklung der Arten ist also ein gerichteter, nicht zufälliger Prozess.

Keine gemeinsamen Vorfahren

Im Gegensatz zu späteren Abstammungstheorien ging Lamarck nicht davon aus, dass alle Tiere und Pflanzen gemeinsame Vorfahren haben. Vielmehr haben sich die einzelnen Tier- und Pflanzenstämme bzw. -klassen unabhängig voneinander entwickelt. Zunächst sind die primitiven Formen durch Urzeugung entstanden, dann haben sie sich im Laufe der Jahrmillionen immer höher entwickelt.

Diese Hypothese zeigt Übereinstimmungen mit einigen kreationistischen Annahmen, denen zufolge Gott am Anfang die Vertreter der heutigen Tier- und Pflanzenklassen schuf (die dann auch alle auf die Arche Noah passten), aus denen sich dann durch von Gott gesteuerte evolutionsartige Prozesse die Vielfalt der heutigen Tier- und Pflanzenarten entwickelt haben.

Anpassung an veränderte Umweltbedingungen /
Gebrauch und Nichtgebrauch von Organen

Innerhalb der Tier- und Pflanzenklassen gibt es viele Arten, die sich mit dem Konzept der kontinuierlichen Höherentwicklung nicht erklären lassen. Berühmtestes Beispiel sind die Höhlenfische, die keine Augen mehr haben. Lamarck erklärte diese Abweichungen damit, dass sich Tiere und Pflanzen an veränderte Umweltbedinungen anpassen können, indem sie bestimmte Organe verstärken oder auch verlieren. Ständiger Gebrauch stärkt Organe, ständiger Nichtgebrauch führt zur Zurückbildung oder zum Verlust von Organen.

Vererbung erworbener Eigenschaften

Dieser Aspekt der Lamarckschen Evolutionstheorie ist wohl der bekannteste und wird immer wieder mit Lamarck in Verbindung gebracht. Lamarck war der Ansicht, dass Organe durch ständigen Gebrauch stärker werden bzw. durch ständigen Nichtgebrauch schwächer werden. Diese Modifizierungen werden dann an die Nachkommen weitervererbt. Dieser Einzelaspekt wird auch unter dem Begriff Lamarckismus zusammengefasst.

Lamarckismus = die Ansicht, dass erworbene Eigenschaften vererbt werden.

Diese Ansicht war in der Zeit nach Lamarck sehr weit verbreitet, auch Darwin war zunächst Lamarckist. Nach der Veröffentlichung von Darwins Evolutionstheorie und erst recht nach den Erkenntnissen der modernen Molekulargenetik wurde dem Lamarckismus allerdings der wissenschaftliche Boden entzogen.

In letzter Zeit aber häufen sich Befunde, nach denen unter bestimmten Umständen Umweltfaktoren Gene an- und abschalten können. Umweltfaktoren wie Kälte, Hunger, Stress etc. sorgen dafür, dass bestimmte Abschnitt der DNA methyliert werden, was die Transkriptionsrate drastisch verringert. Dieses Methylierungsmuster kann dann auf die Nachkommen vererbt werden, so dass bei ihnen die selben Gene an- bzw. abgeschaltet sind wie bei den Eltern. Dieses neue Forschungsgebiet innerhalb der Genetik wird als Epigenetik bezeichnet.

Die Epigenetik hat den Lamarckismus teilweise rehabilitiert - aber nur teilweise. Lamarck war beispielsweise der Auffassung, wenn man Kindern nach der Geburt ein Auge entfernt und diesen Kindern später dann erlaubt, ihrerseits Kinder miteinander zu haben, dass dann eine neue einäugige Menschenrasse entstehen würde.