Home > Biologie > Evolutionsbiologie > Geschichte > 1. Antike

1. Antike

Thales von Milet

Der griechische Philosoph Thales von Milet (624-546 vor Christus) meinte, Wasser sei der Ursprung allen Lebens:

"Thales […] bezeichnet als […] Ursprung das Wasser. Auch das Land, lehrte er deshalb, ruhe auf dem Wasser. Den Anlass zu dieser Ansicht bot ihm wohl die Beobachtung, dass die Nahrung aller Wesen feucht ist, dass die Wärme selber daraus entsteht und davon lebt; woraus aber jegliches wird, das ist der Ursprung von allem. War dies der eine Anlass zu seiner Ansicht, so war ein andrer wohl der Umstand, dass die Samen aller Wesen von feuchter Beschaffenheit sind, das Wasser aber das Prinzip für die Natur des Feuchten ausmacht. " [1]

Anaximander

Auch der griechische Philosoph Anaximander (611-546 vor Christus), ein Schüler von Thales, machte sich Gedanken über den Ursprung der Erde und des Lebens.

Er meinte, am Anfang der Welt stehe eine große Explosion [2]. Das erinnert etwas an die heutige Urknall-Theorie.

Die ersten Lebewesen sind nach A. im Wasser entstanden und haben sich dann höher entwickelt, bis sie schließlich an Land gegangen sind. Auch heute noch wird der "Landgang" von Pflanzen, Wirbellosen und Wirbeltieren als ein Schlüssel-Ereignis der Evolution betrachtet.

Nach A. sahr der Mensch am Anfang einem Fisch ähnlich.

Das heißt also, dass Anaximander der Erste war, der überhaupt eine Art Evolutionsgedanken hatte, eine allmähliche Höherentwicklung vom Primitiven (Schlamm) zum Komplexen (Mensch).

Heraklit

Heraklit von Ephesus (550-480 vor Christus) hatte ebenfalls eine für die Evolutionsbiologie wichtige Idee. "Alles ist im Fluss" ist wohl sein bekanntester Satz. Damit ist gemeint, dass einerseits "alles einem ständigen Prozess von Werden, Wandel und Vergehen unterliegt", das aber andererseits sich alles kontinuierlich ändert und dennoch gleich bleibt. "Die Welt besteht schon immer und wird in Ewigkeit bestehen" [2].

Demokrit

Der griechische Philosoph Demokrit (470/460-390/370 vor Christus) ist vor allem für seine Atomhypothese bekannt geworden, nach der alle Materie aus kleinsten unteilbaren Teilchen, den Atomen, bestehen soll. Die Atome sind unterschiedlich groß und von unterschiedlicher Gestalt, und sie bewegen sich durch den leeren Raum - eine sehr moderne Vorstellung. Durch die Bewegung der Atome entstehen nach D. zahllose verschiedene Welten, in einer dieser Welten leben wir [2].

Seine Bedeutung für die Evolutionsbiologie ist eher allgemeiner Art. Man könnte sagen, Demokrit hat eine materialistische Ansicht zur Entstehung des Universums und des Lebens vertreten. "Alles geschieht aus einem Grunde und unter dem Zwang der Notwendigkeit, die auch den Zufall in enge Schranken verweist" [2].

Zwischenstand

Die bisher genannten griechischen Philosophen vertraten im Grunde eher materialistische Auffassungen von der Entstehung der Lebewesen und entwickelten auch das Konzept von der Veränderlichkeit der Arten. Damit kamen sie der modernen Evolutionsbiologie schon recht nahe.

Platon

Platon (427-347 vor Christus), ein Schüler des Sokrates, gründete die erste Akademie der Welt, die erst 900 Jahre später geschlossen wurde. Zusammen mit Aristoteles gehört Platon zu den größten Philosophen der Welt. Er beschäftigte sich mit vielen Gebieten der Wissenschaft, auch mit dem Körper des Menschen und der Tiere. So erkannte P., dass das Nervensystem der Wirbeltiere aus einem Gehirn, einem Rückenmark und Nervenfasern besteht, die bis in die Extremitäten ziehen.

Seine wichtigste Leistung ist aber die Ideenlehre.

Ideenlehre von Platon

Alle sichtbaren Dinge und auch die Lebewesen sind nur "Schatten" oder Abbilder der perfekten Idee.

Überliefert ist das Höhlengleichnis.

Ein paar Menschen leben von Kind auf in einer Höhle. Von oben scheint aus der Ferne die Sonne, und ein paar andere Menschen, die außerhalb der Höhle leben, werfen Schatten auf eine Wand in der Höhle. Die Menschen in der Höhle sehen nur die Schatten, sie haben keine Gelegenheit, aus der Höhle zu entkommen und die "richtigen" Menschen anzusehen. Sie wissen auch nicht, was Schatten sind, da es in der Höhle selbst keine Lichtquelle gibt. Also halten sie die Schatten für echt. In Wirklichkeit sind die dunklen Schemen, die sich auf der Wand bewegen, nur Schatten der echten Menschen. Und so ist es auch mit den Dingen und Lebewesen, die wir täglich sehen. Es sind nur Schatten der wirklichen Dinge und Lebewesen, die uns aber verborgen bleiben, weil auch wir in einer Art Höhle sitzen, aus der wir nicht herauskommen.

So ungefähr ist das Höhlengleichnis von Plato überliefert. Wer mehr dazu wissen will, geht auf die Seite "Das Höhlengleichnis" von Dr. Annette Schlemm.

Wichtig für die Evolutionsbiologie: Die Ideenlehre steht dem Konzept von der Veränderlichkeit der Arten diametral gegenüber.

Nach der Ideenlehre gibt es nicht verschiedene Pferde oder unterschiedliche Pferdearten, sondern alle Pferde sind nur Abbilder des idealen Pferdes. Und das ideale Pferd verändert sich nicht. Von hier könnte man jetzt einen direkten Bogen zum Kreationismus schlagen, der ja ebenfalls von der Unveränderlichkeit der Arten ausgeht, oder einen Bogen zu Linné, der die moderne Systematik begründet hat und auch von der Unveränderlichkeit der Arten ausging. Auch für Linné gab es das ideale Pferd. Im Grunde geht auch heute noch jedes Pflanzen- oder Tierbestimmmungsbuch von diesem Konzept aus, dass es "den" Löwenzahn und "die" Wildkatze gibt.

Aristoteles

Der wohl bekannteste griechische Philosoph war Aristoteles (384-322 vor Christus). Aristoteles, der Lehrer von Alexander dem Großen, war ein Schüler Platons.

Der wohl wichtigste Beitrag zur Evolutionsbiologie war die Annahme, dass es eine stetige Stufenfolge von niederen zu höheren Lebewesen gibt. Auch gilt Aristoteles als Begründer der zoologischen Systematik.

Er untergliederte die Tiere Bluttiere und blutlose Tiere. Die Bluttiere haben alle eine Wirbelsäule, die blutlosen Tiere nicht. Die Bluttiere (Wirbeltiere) unterteilte Aristoteles in die Säugetiere, die Vögel, die Amphibien, Reptilien und Fische. Im Grunde ist diese Systematik der Wirbeltiere noch heute gültig, obwohl sie inzwischen natürlich stark verfeinert wurde.

Die blutlosen Tiere (Wirbellose) unterteilte Aristoteles in Weichtiere, Krustentiere (Krebse), Kerbtiere (Insekten) und Schalentiere (Muscheln, Schnecken). Auch diese Einteilung ist in gewissen Grenzen auch heute noch gültig, obwohl sie stark verändert und erweitert wurde.

Weitere Einzelheiten hierzu siehe "Historia animalium" in der Wikipedia.

Weitere Forscher der Antike

Nach Aristoteles passierte im Grunde nicht mehr viel. Zwar wurde die Pflanzen- und Tierwelt weiter erforscht, besser beschrieben und unterteilt, und auch um den Menschen und seine Organe kümmerte man sich, aber neue Ideen oder Konzepte gab es nach Aristoteles in der Antike nicht mehr.

Theophrastus (371-285 vor Christus), ein Schüler von Aristoteles, schrieb zwei wichtige Bücher über "Ursachen des Pflanzenwuchses" und "Geschichte der Pflanzen", in denen er wichtige noch heute gültige Begriffe wie "Rinde", "Holz", "Blüte", "Frucht" und so weiter definierte.

Plinius (23-79 nach Christus) sammelte das Wissen seiner Zeit in der "Naturalis historia". Das Werk bestand aus 37 Büchern und war die erste Enzyklopädie, die jemals geschrieben wurde. Bis zum Ausbruch der Neuzeit um 1492 war diese Enzyklopädie eine Art "Wikipedia" oder "Google" für die meisten Naturforscher Europas.

Es gab in der Antike und im frühen Mittelalter viele Forscher, die sich mit Naturphänomenen beschäftigten und zahlreiche Pflanzen und Tiere katalogisierten, aber für die Geschichte der Evolutionsbiologie sind die Erkenntnisse dieser Forscher nicht von Belang.

Quellen:

  1. Aristoteles, Metaphysica (zitiert aus dem Wikipedia-Artikel "Thales").
  2. Storch, Welsch, Wink, Evolutionsbiologie, 3. Auflage, Springer Berlin Heidelberg 2013.
  3. "Das Höhlengleichnis" auf der Seite www.thur.de.