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Ediacara-Fauna

Der Begriff "Ediacara-Fauna" beschreibt die Tierwelt am Ende des Proterozoikums vor ca. 580 bis 540 Millionen Jahren.

Leben in einem flachen Meer am Ende des Proterozoikums
Maulucioni, based on (see: other versions) the artwork by Ryan Somma, CC BY-SA 4.0, via Wikimedia Commons

Die Ediacara-Fauna spielt eine entscheidende Rolle bei unserem Verständnis der frühen Entwicklung tierischen Lebens auf der Erde. Der Begriff "Ediacara-Fauna" bezieht sich auf die Ediacara-Hügel in Südaustralien, wo die ersten Fossilien entdeckt wurden. Heute findet man Spuren dieser Fauna auf allen Kontinenten, außer in der Antarktis [3].

Die Vielfalt der Ediacara-Fauna

Die meisten Vertreter dieser frühen Metazoen (vielzelligen Organismen) sahen völlig anders aus als die heute lebenden Formen und auch völlig anderes als die aus dem Kambrium stammenden Fossilien. Andererseits ähneln viele der damaligen Lebewesen heutigen Tieren.

Ähnlichkeiten mit rezenten Tieren?

Ungefähr die Hälfte der 100 bis 120 Tierarten der Ediacara-Fauna ähnelt Cnidariern (Hohltieren wie Polypen oder Quallen), ein Viertel der Tiere ähnelt Anneliden (Ringelwürmern), und ein kleiner Prozentsatz ähnelt sogar heutigen Arthropoden (Gliederfüßlern wie Insekten, Spinnen, Milben, Krebse etc.) [4]. Diese Ähnlichkeiten sind aber lediglich konvergente Entwicklungen, die heutigen Cnidarier, Anneliden und Arthropoden stammen nicht von den Tieren der Ediacara-Fauna ab, sondern haben ähnliche Probleme auf ähnliche Weise gelöst.

Eine evolutionäre Sackgasse

Die meisten Forscher sind der Ansicht, dass die Ediacara-Fauna eine evolutionäre Sackgasse war, ein Seitenzweig, dessen Vertreter mit dem Ende des Proterozoikums ausgestorben sind - bis auf wenige Ausnahmen, aus denen dann die Tiere der kambrischen Explosion hervorgingen.

Lebensweise

Die Lebensweise der Ediacara-Organismen ist schwer zu rekonstruieren, da ihre weichen Körper in der Regel nur als Abdrücke im Gestein erhalten sind.

Die Ediacara-Fauna bewohnte vorwiegend flache Meeresumgebungen wie Küstenbereiche und Flachwasserzonen.

Die Lebewesen der Ediacara-Fauna waren meist sessil, also fest mit dem Meeresboden verbunden, oder zumindest benthisch, also am Boden lebend. Ihre Körper waren oft flach, scheibenförmig oder schlauchartig, und sie reichten in der Größe von wenigen Millimetern bis zu mehreren Metern.

Es wird vermutet, dass viele von ihnen Filtrierer waren, die Nährstoffe aus dem umgebenden Wasser aufnahmen. Andere könnten sich durch Absorption von organischen Materialien oder durch eine symbiotische Beziehung mit Bakterien ernährt haben.

Bekannte Vertreter

Einer der bekanntesten Vertreter der Ediacara-Fauna ist Dickinsonia, ein flacher, blattartiger Organismus, der oft in großer Zahl vorkam. Ein anderer bekannter Vertreter ist Charnia, ein baumartiger Organismus mit zarten, farnähnlichen Verzweigungen. Die Ediacara-Fauna umfasste auch komplexere Organismen wie Kimberella, einen möglichen Vorläufer von Weichtieren. Diese Vermutung ist unter Wissenschaftlern allerdings umstritten. Weitgehend sicher ist aber, dass Kimberalla eine der ersten Vertreter der Bilateria (Zweiseitentiere) war.

Ediacara-Fauna

In diesem sehr ausführlichen Wikipedia-Artikel werden viele Tierarten der Ediacara-Fauna bemerkenswert genau vorgestellt. Eine starke Empfehlung für jeden Interessierten!

Aktuelle Erkenntnisse

In einem Spektrum-Artikel vom Februar 2023 [3] wird dargestelt, dass die Tiere der Ediacara-Fauna womöglich ein ähnliches Verdauungssystem hatten wie die heutigen Tiere.

In Fossilien einiger Ediacara-Organismen fand man nämlich Spuren von Cholesterin, und gleichzeitig im umliegenden Gestein Spuren von Algen- und Bakterien-Lipiden. In einigen Fossilien konnte man eine Art Darm erkennen, in diesem Bereich fand man dann Phytosteroide, das sind Verbindungen, die in Pflanzen vorkommen.

Die Forscher, die diese Entdeckungen machten, nehmen nun an, dass Ediacara-Tiere wie Kimberella einen Mund und einen Darm besaßen und ihre Nahrung ähnlich verdauten wie heutige Tiere. Andere Tiere dieses Zeitalters, zum Beispiel Dickinsonia, waren dagegen extrem flach. Bei diesen Tieren fand man keine Lipidrückstände, die auf das Vorhandensein eines Darms schließen lassen. Man nimmt an, dass diese Tiere Verdauungsenzyme nach außen absonderten die die Nährstoffe dann mit ihrer großen Körperoberfläche aufnahmen.

Quellen:

  1. "Ediacara-Fauna" in der deutschen Wikipedia
  2. Savada, Hillis, Heller, Hacker: Purves Biologie, Springer Verlag Deutschland 2019, 10. Auflage. Herausgegeben von Jürgen Markl.
  3. "Ediacara-Fauna verdaute wie heutige Tiere", Spektrum der Wissenschaft 02/2023