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Geschichte der Membranforschung

Monomolekulare Ölschichten

Bereits in der Antike war bekannt, dass unruhiges Wasser etwas beruhigt werden kann, wenn man Öl darauf schüttet. Fischer nutzten diese Technik, damit sie Fischschwärme in bewegtem Wasser besser sehen konnten.

Der Staatsmann und Naturforscher Benjamin Franklin ging 1772 etwas systematischer an dieses Phänomen heran. Er nahm einen Teelöffel Olivenöl und schüttete das Öl in einen See. Das Öl breitete sich sehr schnell über eine sehr große Fläche aus. Franklin zog daraus zwar den korrekten Schluss, dass die Ölschicht, die sich gebildet hatte, extrem dünn sein musste. Er ging aber nicht so weit, die Dicke der Ölschicht zu berechnen. Er hätte das mühelos machen können, er kannte ja das Volumen des Öls und die ungefähren Ausmaße des Ölflecks.

Über hundert Jahre später wiederholte Lord Rayleigh im Jahre 1890 die Versuche von Franklin. Er schaffte es, die Dicke der Ölschicht zu berechnen: 16 Angström, das sind 1,6 nm. Auch in Deutschland wurden solche Versuche unternommen, und zwar von Agnes Pockels, die 1891 die Dicke der Ölschicht auf 13 Angström (1,3 nm) schätzte.

Einen entscheidenden Erkenntnisfortschritt erreichte Irwin Langmuir 1917. Er kam ebenfalls auf 13 Angström, das war also noch nichts Neues. Er erkannte aber, dass die Triglyceride des Olivenöls aus zwei Teilen bestehen, einem hydrophilen Teil, der mit dem Wasser in Kontakt steht, und einem hydrophoben Teil, der aus dem Wasser herausragt.

Lipid-Doppelschichten

William Hewson postulierte bereits im Jahre 1773, dass rote Blutkörperchen von einer dünnen Membran umgeben sein müssen. Er experimentierte mit Blutkörperchen, mit denen er Plasmolysen und Deplasmolysen durchführte. Diese Plasmolysen und Deplasmolysen, wie sie heute in jedem Biologiekurs der gymnasialen Oberstufe durchgeführt werden (allerdings mit Zwiebelzellen oder Mundschleimhautzellen), konnte er nur erklären, wenn er eine semipermeable Membran annahmen, welche die Zellen begrenzt. Über die Natur dieser Membran konnte man damals natürlich noch nichts aussagen, außer dass sie Wasser durchlässt, Salze aber nicht.

C. H. Schultz konnte 1836 zum ersten Mal Membranen von roten Blutkörperchen anfärben und im Lichtmikroskop ihre Dicke abschätzen. Er kam auf einen Wert von 220 Angström, also 22 nm. Das war gar nicht mal so schlecht für die damalige Zeit. Heute weiß man, dass die Zellmembran ungefähr 10 nm dick ist.

Karl von Nageli untersuchte 1855 Zellen der Wasserpest (Elodea) und führte Plasmolysen durch. Legte er die Zellen in Salzwasser, zog sich der Protoplast zusammen, und die Zellmembran wurde sichtbar.

Charles Ernest Overton entdeckte 1899 das Ionenfallen-Prinzip. Bisher war man der Meinung, die Zellmembran sei semipermeabel und lasse nur Wasser-Moleküle durch, alle anderen Moleküle jedoch nicht. Overton entdeckte aber, dass auch neutrale organische Moleküle die Membran passieren können. Neutralrotlösung wurde von den Zellen aufgenommen, das Plasma färbte sich rot und immer roter, bis die Farbintensität sogar größer war als die des Außenmediums. Die Erklärung dafür fand Overton auch: In der Zelle wandelt sich der neutrale rote Farbstoff in ein geladenes Ion um, und geladene Teilchen können die Zellmembran nicht mehr passieren. Auch dieser Versuch wird heute im Biologie-Unterricht der Oberstufe gern durchgeführt. Leider wurden die Erkenntnisse von Overton lange Jahre völlig von der Fachwelt ignoriert.

Evert Gorter und sein Assistent F. Grendel erzielten 1925 einen entscheidenden Durchbruch, dem wir das berühmte Gorter-Grendel-Modell der Zellmembran verdanken, auf das hier ja wohl nicht mehr eingegangen werden muss (siehe entsprechende Seite). Allerdings waren es andere Forscher, nämlich J.B. Leathes und H.S. Raper, die erkannten, dass es sich bei den Lipiden hauptsächlich um Phospholipide handelt. Ebenfalls im Jahre 1925 ermittelte Hugo Fricke mit elektrischen Widerstands-Messungen die Dicke der Lipid-Doppelschicht: 33 Angström. Das war genau doppelt so dick, wie die bei den Versuchen von Rayleigh, Pockels und Langmuir Länge von Öl-Molekülen. Fricke kam allerdings nicht auf die Idee, dass es sich bei der Membran um eine doppelte Lipidschicht handelte, diese Idee ist ausschließlich auf Gorter und Grendel zurück zu führen.

Das Jahr 1925 war also sehr fruchtbar für die Erforschung der Biomembranen. Wie die Geschichte der Membranforschung dann weiterging, ist auf der Seite "Membranmodelle" in dieser Abteilung erläutert.

Quellen:

  1. Stillwell, William. An Introduction to Biological Membranes. Elsevier Science 2016
    (kostenlose Leseprobe des Kindle-eBooks mit dem Abschnitt über die Geschichte der Membranforschung bei Amazon.de erhältlich).

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