Der heterophasische Generationswechsel der Moose
Der Generationswechsel der Landpflanzen und somit auch der Moose wurde bereits 1851 von Wilhelm Hofmeister entdeckt, was damals eine wissenschaftliche Sensation war.
Betrachten wir zunächst einmal eine schematische Darstellung, wie man sie auch in vielen Schulbüchern findet:

Lebenszyklus einer typischen Moospflanze (Klick auf Bild liefert größere Ansicht)
Autor: Ulrich Helmich 2022, Lizenz: Public domain.
Wir wollen nun die einzelnen Schritte erläutern.
- Eine typische Moospflanze, wie man sie im Sommer oft sieht, besteht aus einem haploiden Gametophyten mit einem darauf stehendem diploiden Sporophyten. Der Gametophyt. der wie ein kleines Bäumchen aussieht, ist die eigentliche Moospflanze. Der auf dem Gametophyten sitzende Sporophyt besteht aus einem Stiel und einer Sporenkapsel.
- In der Sporenkapsel entstehen nun durch Meiose haploide Meiosporen. Wenn die Sporenkapsel aufplatzt, werden diese Meiosporen freigesetzt.
- Die Meiosporen werden vom Wind verstreut und landen irgendwo auf dem Boden.
- Wenn der Boden feucht genug ist, entwickelt sich dann durch viele aufeinander folgende Mitosen ein fädiges Geflecht, das als Vorkeim oder Protonema bezeichnet wird.
- Mit der Zeit wachsen auf dem Protonema die Gametophyten, also die typischen bäumchenartigen Moospflanzen. Diese sind ebenfalls haploid.
- Später bilden sich an den Spitzen dieser Gametophyten die männlichen und weiblichen Gametangien (Geschlechtsorgane), die als Antheridien (m) bzw. Archegonien (w) bezeichnet werden. In den Antheridien bilden sich Spermatozoiden (männliche Keimzellen), in den Archegonien je eine Oocyte (Eizelle). Zur Bildung der Keimzellen ist keine Meiose erforderlich, da alle bisherigen Stadien (3 bis 6) haploid waren.
- Die Befruchtung ist auf die Anwesenheit von Wasser angewiesen. Die Spermatozoiden müssen zu den Eizellen aus den Antheridien in die Archegonien schwimmen. Nach der Befruchtung bildet sich eine diploide Zygote.
- Aus der Zygote wächst dann durch viele Mitosen ein neuer Sporophyt heran, und der Zyklus geht von vorne los. Der Sporophyt entwickelt sich in dem Archegonium auf dem Gametophyten, ist also kein eigenständiger Vegetationskörper, sondern von dem Gametophyten abhängig, was die Versorgung mit Wasser und Nährstoffen angeht.
Nachdem wir nun den Generationswechsel der Laubmoose kennengelernt haben (bei den anderen Moosen läuft die Fortpflanzung auf ähnliche Weise ab), wollen wir uns noch um ein paar Details kümmern.
Gametangien sind Organe, in denen die Gameten entstehen, also die Samenzellen und die Eizellen. Die männlichen Gametangien werden als Antheridien bezeichnet, die weiblichen als Archegonien. Beiden gemeinsam ist, dass sie vielzellig sind und eine Wand aus Zellen besitzen, welche die Keimzellen schützend umgeben. Dieser Schutz der Keimzellen gilt als Schlüsselinnovation der Landpflanzen. Vor allem werden die Keimzellen hier vor Austrocknung geschützt, eine Maßnahme, die bei Wasserpflanzen überhaupt nicht notwendig ist.
Archegonien
1. Bau der Archegonien

Archegonium eines Mooses
Autor: Ulrich Helmich 1979, Lizenz: Public domain
Die Archegonien der Moose sind flaschenförmige Organe mit einer einschichtigen Wand. In dem Archegonium befinden sich die Eizelle (EZ), die Bauchkanalzelle (BZ) und die Halskanalzellen (HKZ). Was man in der Abbildung nicht sehen kann, ist die Tatsache, dass die Bauch- und Halskanalzellen verschleimen, so dass sich ein langer flüssigkeitsgefüllter Kanal bildet. Dies ermöglicht den Spermatozoiden (Samenzellen), durch Schwimmen zu der einzigen Eizelle zu gelangen.
Äußerlich kann man zwischen Archegonienhals (AH), -bauch (AB) und -stiel (ASt.) unterscheiden.
Das Archegonium kann mehr oder weniger tief in das umgebende Gewebe versenkt sein. Archegonien stehen selten einzeln, sondern sind in den Archegonienständen zusammengeführt, die von Moosklasse zu Moosklasse verschieden sein können.
2. Bildung der Archegonien

Bildung eines Archegoniums
Autor: Ulrich Helmich 1979, Lizenz: Public domain
Eizelle, Bauchkanal- und Halskanalzellen entstehen aus der selben Ursprungszelle durch inäquale Teilungen.
Nach der Befruchtung verbleibt die Eizelle im Archegonium und entwickelt dort den diploiden Sporophyten.
Antheridien
1. Bau der Antheridien
Die meistens keulenförmigen männlichen Antheridien bestehen aus spermatogenem, kleinzelligem Gewebe, das von einer Zellschicht umgeben ist (Antheridienwand AW). Das Antheridium ist durch einen Antheridienstiel mit dem Gewebe des Gametophyten verbunden (ASt.). Wie die Archegonien sind auch die Antheridien in Antheridienständen vereinigt.
2. Bildung der Antheridien

Bildung eines Antheridiums
Autor: Ulrich Helmich 1979, Lizenz: Public domain

Querschnitt durch ein ausgewachsenes Antheridium
Autor: Ulrich Helmich 1979, Lizenz: Public domain
Hier zum Schluss noch ein im Mai 2022 selbst aufgenommenes Mikrophoto eines Antheridienstandes:

Querschnitt durch einen Antheridienstand
Photo: Ulrich Helmich 2022, Lizenz: Public domain
Auf dieser Seite erfahren Sie weitere Einzelheiten über den Generationswechsel speziell der Laubmoose, die Bildung des Sporophyten etc.
Quellen:
- Eigene Aufzeichnungen, Vorlesung Prof. Kaja, Münster 1979.
- Kadereit , Körner, Nick, Sonnewald: Strasburger - Lehrbuch der Pflanzenwissenschaften, 38. Auflage, Springer Berlin Heidelberg 2021.
- Gemeinholzer, Systematik der Pflanzen kompakt, Springer Berlin Heidelberg 2018.
- Spektrum-Lexikon der Biologie, Artikel "Kormophyten"
- Spektrum-Lexikon der Biologie, Artikel "Moose"
- Wikipedia, Artikel "Moose"