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Erklärungsversuche der Farbigkeit

Ethen - Butadien - Polyene - Beeinflussung der Absorption - Tomatensaftversuch

Ich selbst erkläre meinen Schülern das Thema "Farbigkeit organischer Verbindungen" immer mit Hilfe des Orbitalmodells und der Überlappung von pz-Orbitalen zu einem zusammehängenden System delokalisierter pi-Elektronen in Molekülorbitalen. Der HOMO-LUMO-Abstand sinkt mit der Zahl der beteiligten MOs, und dies erklärt dann, warum größere Systeme langwelligeres Licht absorbieren als kleinere Systeme. Ich frage mich die ganze Zeit, wie dieser Sachverhalt in modernen Oberstufenbüchern erklärt wird, wenn den Schülern das Orbitalmodell nicht bekannt ist.

Hier ein Beispiel aus dem Buch des Klett-Verlags von 2015 (elementare Chemie NRW):

Nachdem darauf hingewiesen wurde, dass Farbstoff-Moleküle Systeme aus konjugierten Doppelbindungen besitzen, die delokalisierte Elektronen enthalten, wird gesagt, dass das Molekül durch Absorption von Licht aus einem Grundzustand in einen angeregten Zustand gelangt.

"Je geringer die Energiedifferenz zwischen dem Grundzustand und dem angeregten Zustand ist, desto weniger Energie muss das Photon besitzen, d.h. desto größer ist die Wellenlänge des entsprechenden Lichts."

Das hört sich doch alles ganz plausibel an. Übrigens wird das Orbitalmodell in diesem Buch ganz gut erklärt, allerdings nicht in Bezug auf die Farbstoffchemie, sondern in Zusammenhang mit dem aromatischen Zustand des Benzols.

"Je ausgedehnter das delokalisierte Elektronensystem ist, desto kleiner ist die Energie der absorbierten Photonen und desto größer folglich die Wellenlänge der absorbierten Strahlung."

Was ich nicht so optimal finde, ist die Erklärung des Farbumschlags beim Phenolphthalein ein paar Seiten später:

"Wenn an das zentrale C-Atom ein vierter Substituent gebunden ist, dann ist das Absorptionssystem unterbrochen, und der Stoff ist farblos".

Das ist doch eine sehr einfache Begründung, und jeder einigermaßen intelligente Schüler müsste sich doch fragen, wieso unterbricht denn ein vierter Substituent das "Absorptionssystem". Hier hätte man Begriffe wie sp3- und sp2-Hybridisierung erwähnen können, die ja im Kapitel 9 (Aromaten) auch ganz gut erklärt worden sind.

Im Buch von Tausch und von Wachtendonk, Chemie 2000+ aus dem Buchner-Verlag von 2014 findet sich eine anspruchsvollere Erklärung. Hier wird das Energiestufenmodell ausführlich auf einer ganzen Seite erklärt. Die Begriffe HOMO und LUMO werden zwar nicht benutzt, aber gut umschrieben mit "höchste besetzte Energiestufe" und "niedrigste unbesetzte Energiestufe". Hier wird sogar zwischen Singulett-Zuständen und Triplett-Zuständen unterschieden.