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Mammalia: Evolution

Ursprung der Säugetiere

Ein kleiner Irrtum

Viele Menschen nehmen an, dass die Säugetiere erst entstanden, als die Dinosaurier am Ende der Kreidezeit vor 66 Millionen Jahren durch einen katastrophalen Asteroiden-Einschlag ausgelöscht worden sind. Leider ist diese Annahme falsch. Heute weiß man nämlich, dass sich Säugetiere und Dinosaurer fast zur gleichen Zeit entwickelt haben, nämlich vor ca. 225 Millionen Jahren auf dem Superkontinent Pangäa.

Massenaussterben in der Erdgeschichte

Vor 225 Millionen Jahren hat ein Massennaussterben stattgefunden, das noch viel katastrophaler war als das vor 66 Millionen Jahren. 95% aller Tierarten sind damals umgekommen (vor 66 Mio. Jahren "nur" ca. 70%). Ursache für diese Katastrophe waren die Ausbrüche von riesigen Vulkanen im Bereich des heutigen Sibirien. Über mehrere Millionen Jahre waren diese Megavulkane tätig und haben Kohlendixoid und giftige Gase in die Atmosphäre entlassen.

Eine Übersicht über alle fünf bisherigen Massenaussterben auf der Erde bietet der Spektrum-Artikel "Erdgeschichte: Nach dem Weltuntergang"

Als sich die Erde nach diesem Massenaussterben vor 255 Mio. Jahren wieder einigermaßen beruhigt hatte, traten die ersten Dinosaurier und die ersten Säugetiere auf - ungefähr zur gleichen Zeit. Im Laufe der Jahrmillionen wurden die Dinosaurier immer größer, bis sich die bekannten Riesenformen entwickelten. Die Säugetiere dagegen blieben sehr klein, was aber den Vorteil hatte, dass sie andere ökologische Nischen erobern konnten als die großen Saurier.

Obwohl diese frühen Säugetiere schon warmblütig und behaart waren und ihre Jungen mit Muttermilch füttern konnten, hatten sie so gut wie keine Ähnlichkeit mit den heute lebenden Säugetieren. Erst in der Unterkreide, also vor ungefähr 120 Millionen Jahren, entwickelten sich neben vielen anderen Säugetierklassen die drei heute noch bekannten Gruppen der Kloakentiere, der Beuteltiere und der Plazentatiere.

Vor 66 Millionen Jahren kam es dann zu dem bekannten Asteroiden-Einschlag, der ca. 70 Prozent aller Tierarten auslöschte. Die Dinosaurier starben bis auf die Vögel komplett aus, und auch die Säugetiere erlitten heftige Verluste. In Nordamerika überlebten nur um sieben Prozent der damaligen Säugetierarten die Katastrophe, darunter die Vorfahren der heutigen drei Säugetier-Unterklassen. Vor allem die sehr kleinen Säugetiere, und hier wieder vor allem die Plazentatiere, hatten die besten Überlebenschancen.

Die drei Säugetier-Unterklassen

Protheria oder Ursäuger

Die einzige Ordnung dieser ursprünglichen Unterklasse sind die Monotremata oder Kloakentiere. Die Tiere heißen nicht etwa so, weil sie in Kloaken leben (das KI-System ChatGPT hat dies im Januar 2023 vorgeschlagen - so viel zur "Intelligenz" dieser KI) sondern weil ihr Enddarm sowie ihre Harn- und Geschlechtsöffnungen in einer gemeinsamen Kloake münden.

Kloakentiere wie das Schnabeltier oder der Ameisenigel bringen keine lebenden Jungen zur Welt, sondern legen Eier, die sie dann ausbrüten - wie die Reptilien, von denen die Säugetiere abstammen. Allerdings ernähren Sie ihre Jungen bereits mit Milch.

Marsupalia oder Beuteltiere

Der weiblichen Individuen dieser Unterklase bringen zwar lebende Junge zur Welt, allerdings sind diese noch sehr "unfertig" und wachsen daher zunächst in einem Beutel der Mutter heran, wo sie mit Milch gesäugt werden. Äußerlich ähneln die Beuteltiere den Plazentatieren aber schon sehr stark. Insgesamt gibt es sieben Ordnungen der Beuteltiere, von denen die Beutelratten, die Beutelmulle und die Diprotodontia die bekanntesten sind. Zu der letztgenannten Ordnung gehören so bekannte Tiere wie die Kängurus, die Wombats und der Koala.

Eutheria oder Plazentatiere

Dies sind die am höchsten entwickelten Säugetiere, die ihre Jungen lebend zur Welt bringen und säugen. Die meisten bekannten Säugetiere gehören zu dieser Unterklasse, rund 94 Prozent aller lebenden Säugetiere sind Plazentatiere. Man unterscheidet heute 20 Ordnungen dieser Unterklasse, zu denen so bekannte wie die Primaten, die Insektenfresser, die Nagetiere, die Raubtiere, die Unpaarhufer und die Paarhufer gehören.

Vor allem diejenigen Säuger überlebten, die mit ihrer Nahrung nicht so wählerisch waren, also vor allem Generalisten (wie zum Beispiel die Allesfresser). Spezialisten, die sich auf nur wenige Nahrungsquellen konzentriert hatten, starben dagegen recht schnell aus.

Hauptsächlich die Plazentatiere überlebten
Größenzunahme

Das Hauptmerkmal der Placentalia (Plazentatiere) ist die Fähigkeit, gut entwickelte, relativ reife Jungtiere zur Welt zu bringen, die oft kurz nach der Geburt schon laufen können. Durch die lange Trächtigkeit hatten die Jungtiere bereits ein recht hohes Geburtsgewicht, und das führte wiederum dazu, dass auch die erwachsenen Tiere größer werden konnten. Während die Säugetiere zur Zeit der Dinosaurer durchweg sehr klein waren, legten sie nach dem Aussterben der Saurier enorm an Größe zu. Es entstanden schließlich Riesenformen wie zum Beispiel das Riesenfaultier, das bis zu sechs Meter groß wurde.

Zunahme der Artenvielfalt

Auch die Zahl der Säugetier-Arten und damit die Vielfalt der Säugetiere nahm dramatisch zu. Die Säugetiere eroberten die Luft, das Wasser, gruben sich in den Boden ein und so weiter. Die Evolution der Säugetiere nach dem Aussterben der Dinosaurier wird in jedem Schulbuch als Musterbeispiel der adaptiven Radiation aufgeführt.

Größe statt Intelligenz

Allerdings waren die damaligen Säugetiere noch nicht so intelligent wie die heute lebenden. Die Gehirngröße nahm nicht in dem gleichen Umfang zu wie die Körpergröße. Offensichtlich war es damals wichtiger, groß und stark zu sein, um sich gegen andere große und starke Konkurrenten durchzusetzen. Große Gehirne brauchen viel Energie, und das konnten sich die Tiere vor 66 Mio. Jahren nicht leisten. Erst als sich einige Millionen Jahre später die Ökosysteme von dem Asteroiden-Einschlag erholt hatten, begannen auch die Gehirne der Säugetiere zu wachen, und die Tiere wurden langsam intelligenter.

"We used computed tomography scans of newly discovered Paleocene fossils to show that contrary to the convention that mammal brains have steadily enlarged over time, early placentals initially decreased their relative brain sizes 40 because body mass increased at a faster rate." [3]

Diesen interessanten Aufsatz "Brawn before brains" können Sie vollständig unter diesem Link herunterladen (zumindest ging das im Februar 2023).

Quellen:

  1. Sandal: "Erdgeschichte: Nach dem Weltuntergang", Spektrum der Wissenschaft 02.07.2021.
  2. Brusatte: "Wie die Säugetiere die Welt eroberten", Spektrum der Wissenschaft 01/2023.
  3. Bertrand et al.: "Brawn before brains in placental mammals after the end-cretaceous extinction", Science 376, 2022