Helmichs Biologie-Lexikon

Temperatursensitive Mutationen

Temperatursensitive Mutationen oder TS-Mutationen sind Mutationen, die nur bei bestimmten (höheren) Temperaturen auftreten. Allgemein geöhren die TS-Mutationen zu den sogenannten konditionalen Mutationen, also zu den Mutationen, die nur unter bestimmten Umständen (Konditionen) auftreten.

Die Temperaturen, unter denen diese TS-Mutationen sich (phänotypisch) bemerkbar machen, werden auch restriktive Temperaturen genannt. Temperaturen, bei denen die Mutationen nicht auftreten, heißen dagegen permissive Temperaturen[1].

Ist ein Protein-Gen von einer TS-Mutation betroffen, so werden zwei verschiedene Protein-Varianten exprimiert. Bei einer permissiven Temperatur wird ein "normales" Protein hergestellt, das erst bei höheren Temperaturen denaturiert. Bei einer restriktiven Temperatur wird eine leicht veränderte Protein-Variante synthetisiert, die bereits bei niedrigeren Temperaturen denaturiert und somit funktionsunfähig wird[2].

Beispiele

Bei Siam-Katzen ist das Fell nur an den kühleren Körperspitzen dunkel, vor allem an den Ohren, am Schwanz, an den Pfoten und im Gesicht. Diese Erscheinung beruht auf einem temperatursensitiven Tyrosinase-Gen, das für die Melanin-Produktion verantwortlich ist[3].

Beim Tabakmosaik-Virus (TMV) wird nach der Infektion in einer Eukaryoten-Zelle die neue Virushülle synthetisiert. Bei niedrigen Temperaturen faltet sich das Hüllprotein in der richtigen Weise, und es entstehen neue Viren. Bereits bei Temperaturen ab 30 ºC denaturiert das Hüllprotein der temperatursensitiven Mutante, und es können keine funktionsfähigen Virenhüllen mehr entstehen. Bei dem nicht-mutierten Wildtyp des TMV funktioniert die Hüllenbildung auch bei Temperaturen weit über 30 ºC[3]. Die TS-Mutation ist auf den Austausch einer einzigen Aminosäure an Position 20 des Hüllproteins zurückzuführen; Prolin wird durch Leucin ersetzt[3].