Helmichs Biologie-Lexikon

Shotgun Cloning

Grundlegendes

Auch Shotgun Sequencing genannt. Ein älteres Verfahren der Gentechnik, um eukaryotische DNA-Stücke zu gewinnen, die in Viren oder Prokaryoten eingebaut werden sollen.

Das Shotgun cloning ist eine "Holzhammermethode", die Ende der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts von Craig VENTER entwickelt wurde. Mit Hilfe von Restriktionsendonucleasen oder durch Einsatz physikalischer Methoden (Scherkräfte) wird das komplette Genom des Spenderorganismus in handliche Bruchstücke zerlegt. Man erhält dabei eine Vielzahl von unterschiedlichen DNA-Sequenzen. Interessant sind aber nur die DNA-Bereiche, die etwa Genlänge besitzen, also ca. 5000 bis 20000 Basenpaare lang sind.

Die durchschnittliche Länge eines solchen Bruchstücks kann man durch die Wahl der Restriktionsendonuclease bestimmen, die eingesetzt wird. Schneidet das gewählte Enzym an häufig vorkommenden Stellen (z.B. ACCTG), so ist die Zahl der Fragmente hoch, und jedes Fragment ist entsprechend kurz. Nimmt man dagegen eine Restriktionsendonuclease, welche an seltener vorkommenden Stellen schneidet, so ist die Zahl der Bruchstücke relativ klein, und die Fragmente sind recht lang.

Ein Problem hat man aber immer, ganz egal, wie lang die Bruchstücke auch sind: Auf welchem Fragment befindet sich eigentlich das Gen, welches in das Plasmid eingebaut werden soll?

EcoR1 ist eine der ersten Restriktionsendonucleasen, die für die Gentechnik verwendet wurde. Sie zerschneidet DNA an der Erkennungssequenz CAATTC. Diese Basensequenz kommt ungefähr alle 4.000 Basenpaare in der DNA vor. Wenn man die Gesamtlänge der menschlichen DNA (ca. 3 Milliarden Basenpaare) durch diese Zahl dividiert, kommt man auf ca. 1 Million Fragmente.

Man weiß dann aber nicht, welches dieser Fragmente das Insulingen enthält. Also müsste man 1 Million Klonierungsexperimente machen, jedes DNA-Fragment in eine Plasmid einbauen und in Bakterienzellen einsetzen und dann testen, ob eine dieser Bakterienzellen Insulin produziert. Insgesamt also ein sehr aufwändiges Verfahren.

Das Auffinden des richtigen DNA-Fragments

Schritt 1: Genbibliothek anlegen

Man legt zunächst eine sogenannte Gen-Bibliothek an. Dazu verfrachtet man die gewonnenen DNA-Fragmente in bestimmte Plasmide die zwei Antibiotikaresistenz-Gene enthalten und gibt die so behandelten Plasmide zu einen Überschuss an Bakterien. Dieser Überschuss an Bakterien ist wichtig, damit jede Bakterienzelle höchstens ein Plasmid aufnimmt.

Schritt 2: Selektionsschritt 1

Nun gibt man ein Antibiotikum auf den Nährboden mit den vielen Bakterien, von denen nur ein Teil ein Plasmid aufgenommen hat. Diejenigen Bakterien, die tatsächlich eines dieser Plasmide aufgenommen haben, sind dann resistent gegen das Antibiotikum und überleben die Prozedur. Die Bakterienzellen ohne Plasmid sterben dagegen ab.

Jetzt hat man also die Bakterienzellen selektiert, die ein Plasmid enthalten, man weiß aber immer noch nicht, welche dieser vielen Zellen das richtige Plasmid besitzen, also das Plasmid mit dem Gen, das man vervielfältigen und dann exprimieren möchte (zum Beispiel das menschliche Insulin-Gen).

Schritt 3: Bakterienwachstum

Die "überlebenden" Bakterien lässt man sich nun für eine Nacht vermehren. Auf den Agarplatten bilden sich makroskopisch sichtbare Bakterienkolonien. Alle Bakterien einer solchen Kolonie sind genetisch identisch, es handelt sich um sogenannte Klone. Daher bezeichnet man diesen Schritt auch als Klonierung. Sämtliche Bakterien einer Kolonie enthalten das gleiche Plasmid mit dem gleichen Fremdgen.

Schritt 4: Selektionsschritt 2

Es gibt nun viele Bakterienzellen, die zwar ein Plasmid enthalten (und deswegen die Antibiotikum-Attacke überstanden haben), deren Plasmid jedoch keine Fremd-DNA aufgenommen hat. Diese Zellen werden nun in einem zweiten Selektionsschritt identifiziert.

Dazu gibt es mehrere Methoden, zum Beispiel mit einem zweiten Antibiotikum oder die sogenannte Blau-weiß-Methode, die auf einer eigenen Seite erläutert werden,

Am Ende dieses zweiten Selektionsschrittes hat man also nur noch Bakterienzellen, die ein Plasmid besitzen, das irgend eine Fremd-DNA enthält. Aber wie findet man jetzt die Zellen, die ein Plasmid mit der gewünschten Fremd-DNA, zum Beispiel der Insulin-DNA enthalten?

Schritt 5: Screening

Dieser wichtige Schritt wird als Screening bezeichnet. Mit Hilfe von DNA- oder RNA-Sonden kann man nun die Bakterienzellen markieren, die tatsächlich die gewünschte Fremd-DNA enthalten. Um dieses Screening durchführen zu können, muss man allerdings zumindest einen Teil der Basensequenz der Fremd-DNA kennen, sonst kann man ja keine DNA- oder RNA-Sonde herstellen. Kennt man eine solche Teilsequenz nicht, ist manchmal die mRNA des Gens hilfreich. Die mRNA kann leicht aus Zellen gewonnen werden, in denen das gewünschte Gen häufig exprimiert wird. Man markiert die mRNA dann entweder radioaktiv oder mit Fluoreszenzfarbstoffen und gibt sie zu den "löchrig" gemachten Bakterienzellen. Dort lagert sich die RNA-Sonde an komplementäre Fremd-DNA an und markiert sie so radioaktiv oder farbig.

Die so identifizierten Bakterienkolonien können dann weiter vermehrt werden.