Helmichs Biologie-Lexikon

Sphingolipide

Die Sphingolipide sind neben den Phosphoglyceriden und den Steroiden eine wichtige Klasse der Membranlipide [1].

Während das Grundgerüst der Glycerolipide (ebenfalls eine Sammelbezeichnung) der dreiwertige Alkohol Glycerin ist, basieren die Sphingolipide auf dem Aminoalkohol Sphingosin.

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Sphingosin
Autor: Ulrich Helmich, Lizenz: siehe Seitenende

Der hellblau unterlegte Teil des Sphingosin-Moleküls ist durchaus mit dem Glycerin der Glycerolipide zu vergleichen. Er besteht aus drei Kohlenstoff-Atomen, und wie beim Glycerin sitzen an den C-Atomen 1 und 3 Hydroxy-Gruppen. Am C-Atom 2 sitzt allerdings keine Hydroxygruppe, sondern eine Aminogruppe.

Der hell orange unterlegte Teil des Moleküls entspricht im Prinzip einem langen 1-Alken, also einer Kohlenwasserstoff-Kette mit einer Doppelbindung zwischen den ersten beiden Atomen.

Wegen seiner drei funktionellen Gruppen (2 x OH, 1 x NH2) könnte sich das Sphingosin-Molekül theoretisch also mit drei weiteren Molekülen verbinden. Interessanterweise bleibt die OH-Gruppe am C-Atom Nr. 3 völlig intakt, wenn sich aus dem Sphingosin ein Sphingolipid bildet.

Ceramid-Bildung

Der erste Schritt auf dem Weg zu einem Sphingolipid ist die Bildung eines Ceramids:

Beschreibung siehe folgenden Text

Bildung eines Ceramids aus Sphingosin und einer Fettsäure
Autor: Ulrich Helmich, Lizenz: siehe Seitenende

Die Aminogruppe des Sphingosins verbindet sich mit der Carboxygruppe einer Fettsäure. Im Grunde ist das die gleiche Reaktion wie bei der Bildung eines Dipeptids aus zwei Aminosäuren. Auch hier reagiert die Aminogruppe der einen Aminosäure mit der Carboxygruppe der zweiten Aminosäure, und auch hier wird Wasser als Nebenprodukt abgegeben. Das Kondensationsprodukt aus dem Sphingosin und einer Fettsäure wird generell als Ceramid bezeichnet.

Sphingolipid-Bildung

Es gibt nun zwei verschiedene Klassen der Sphingolipide, nämlich die Sphingo-Phospholipide und die Sphingo-Glycolipide. Insgesamt kennt man inzwischen über 250 verschiedene Sphingolipide [8]. Diese Vielfalt ist nicht in erster Linie auf die Fettsäuren zurückzuführen, die sich an die Aminogruppe setzen, sondern auf die polaren Verbindungen, mit denen die OH-Gruppe am C-Atom Nr. 1 des Spingosins reagiert.

Betrachten wir zunächst die Spingo-Phospholipide, und später die viel wichtigeren Sphingo-Glycolipide.

Sphingo-Phospholipide

Die folgende Zeichnung stellt ein Sphingo-Phospholipid dar:

siehe Text

Ein Sphingo-Phospholipid
Autor: Ulrich Helmich, Lizenz: siehe Seitenende

Die OH-Gruppe am ersten C-Atom des Sphingosins ist mit Phosphorsäure verestert, die wiederum mit einem Cholin-Molekül verbunden ist. Das Cholin-Molekül hat ein N-Atom mit einer positiven Ladung, die Phosphor-Gruppe besitzt ein O-Atom mit einer negativen Ladung.

Im Prinzip ähnelt ein Sphingo-Phospholipid also einem Glycero-Phospholipid, nur ist das Glycerin als Zentralmolekül durch ein Sphingosin ausgetauscht worden. Neben dem Cholin können auch andere polare Alkohole mit der Phosphorsäure verestern.

Sphingomyeline

Die bekanntesten und an weitesten im tierischen Körper verbreiteten Sphingo-Phospholipide sind wohl die Sphingomyeline. Hier ist die Phosphorsäure mit dem Alkohol Cholin (wie in der Abb. 3) verestert. Als Fettsäure findet sich meistens die gesättigte Lignocerinsäure (24:0) oder die einfach ungesättigte Nervonsäure (24:1Δ15) [4]. In der grauen Hirnsubstanz ist auch Sterinsäure (18:0) weit verbreitet [5]. Sphingomyeline sind typische Membranlipide, am häufigsten kommen sie in den Zellmembranen von Nervenzellen und in deren Myelinscheiden vor. Sie machen beim Menschen ca. 85% aller Sphingolipide und 10 bis 20% aller Membranlipide aus [6].

Phospho-Inositol-Sphingolipide

Bei diesen Sphingolipiden ist der zuckerähnliche Alkohol Inositol an die Phosphorsäure gebunden. Diese "Phosphoinositol-Containing Sphingolipids" kommen hauptsächlich in Pflanzen und Hefen vor [6]. Manche dieser Sphingolipide enthalten nur ein Inositol-Molekül an der Phosphorsäure, andere ein Inositol-Molekül, das mit einem Mannose-Molekül verknüpft ist, und bei einer dritten Gruppe von Phospho-Inositol-Sphingolipiden sind mehrere Zucker-Moleküle an das Inositol-Molekül gebunden [7].

Nach Meinung einer Gruppe von Biologen [8] sind Phospho-Inositol-Sphingolipide sogar die am meisten verbreiteten Sphingolipide auf der Erde. Diese Sphingolipide kommen nämlich vor allem in Pflanzen und Pilzen vor, und wegen der großen Biomasse der Pflanzen und Pilze auf der Erde haben die Glycosyl-Inositol-Phospho Ceramide (GIPCs) den höchsten Anteil an den Sphingolipiden der Biosphäre.

Sphingo-Phospholipide

Auf dieser Seite erfahren Sie noch etwas mehr über die Gruppe der Sphingo-Phospholipide

Sphingo-Glycolipide

Bei den Sphingo-Glycolipiden ist die endständige OH-Gruppe mit einer kurzen Kette aus Zuckermolekülen verbunden. Zwar ist auch Inositol ein zuckerähnliches Molekül, doch ist der Alkohol nicht direkt an das Ceramid gebunden, sondern an die Phosphorsäure. Bei den Sphingo-Glycolipiden dagegen fehlt die Phosphorsäure, der Zucker oder das Oligosaccharid ist direkt an die OH-Gruppe des ersten C-Atoms des Sphingosins gebunden:

Beschreibung siehe folgenden Text

Ein Sphingo-Glycolipid mit einem Monosaccharid als polarer Gruppe
Autor: Ulrich Helmich, Lizenz: siehe Seitenende

Sphingo-Glycolipide kommen nur auf der Außenseite der Zellmembran vor. Der Zuckeranteil ragt aus der Zelle heraus nach außen und kann dort verschiedene Funktionen übernehmen, zum Beispiel Zellerkennung.

Das Bild zeigt ein Sphingo-Glycolipid mit einem einfachen Monosaccharid als Zucker-Komponente. Solche Membranlipide werden als Cerebroside bezeichnet. Es gibt aber auch Sphingo-Glycolipide mit komplexeren Oligosacchariden als Zucker-Komponente. Diese Membranlipide bezeichnet man als Ganglioside.

Cerebroside kommen hauptsächlich im Nervengewebe und dort vor allem im Myelin vor. Das Monosaccharid der Cerebroside ist meistens Galactose (im Gehirn) oder Glucose (in Leber und Milz) [2].

Ganglioside kommen ebenfalls hauptsächlich im Nervengewebe vor. In der grauen Substanz des menschlichen Gehirns sind 6% aller Membranlipide solche Ganglioside. Die Zuckerkomponente der Ganglioside kann aus bis zu sieben Monosacchariden bestehen und zudem verzweigt sein [3].

Die Ganglioside spielen auch bei der Festlegung der Blutgruppe eine entscheidende Rolle. Typisch für die Blutgruppe 0 ist beispielsweise ein Oligosaccharid der Zusammensetzung Glucose - Galactose - N-Acetylgalactosamin - Galactose - Fructose [3].

Quellen:

  1. Luckey, Mary. Membrane Structural Biology. Cambridge University Press 2014.
  2. Wikipedia, Artikel "Cerebroside".
  3. Wikipedia, Artikel "Ganglioside".
  4. Spektrum-Lexikon der Biochemie, Artikel "Phospholipide".
  5. Römpp Chemie-Lexikon, 9. Auflage 1992.
  6. engl. Wikipedia, Artikel "Sphingomyelin".
  7. Becker, Lester. Biosynthesis of Phosphoinositol-Containing Sphingolipids from Phosphatidylinositol by a Membrane Preparation from Saccharomyces cerevisiae. Journal of Bacteriology, June 1980, p. 747-754.
  8. Gronnier et al. GIPC: Glycosyl Inositol Phospho Ceramides, the major sphingolipids on earth. PLANT SIGNALING & BEHAVIOR 2016, VOL. 0, NO. 0, 1–7