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Genotyp und Phänotyp

Genetik - Genotyp/Phänotyp - Reaktionsnorm Selbsttest -

Hier kommen wir zu zwei sehr wichtigen Fachbegriffen. Der Begriff Phänotyp ist leichter zu erklären, daher fangen wir damit an:

Zum Phänotyp eines Lebewesens gehören nicht nur die äußerlichen Merkmale, sondern auch Lage und Größe der inneren Organe sowie Verhaltensmerkmale und physiologische Werte wie Blutzuckerspiegel.

Unter dem Genotyp versteht man den vollständigen Satz von Genen, den ein Organismus geerbt hat.

Der Begriff Genotyp ist aber vom Begriff Genom abzugrenzen. Als Genom bezeichnet man die gesamte DNA eines Organismus. Das sind sowohl die proteincodierenden DNA-Sequenzen wie auch alle anderen DNA-Abschnitte, zum Beispiel solche mit regulatorischen Funktionen und auch DNA-Abschnitte, deren Funktion noch nicht bekannt ist.

Unter dem Begriff Genotyp dagegen versteht man das Erbmaterial eines Organismus "ohne Berücksichtigung nichtcodierender DNA-Abschnitte und redundanter Gene"[1]. Nach dem Ausschlussprinzip wären das dann die proteincodierenden Gene und DNA-Abschnitte, welche diese Gene regulieren.

Strenggenommen gehört auch der Genotyp zum Phänotyp, da die DNA-Moleküle Bestandteile des Organismus sind [2].

Partielle Phänotypen und Genotypen:

In der Praxis bezieht man die Begriffe Phänotyp und Genotyp immer auf Teilaspekte des Lebewesens.

Wollte ein Genetikbuch den Phänotyp eines Rindes beschreiben, so müsste es mehrere Tausend Seiten stark sein. Es würde ja nicht reichen, nur die Farbe des Fells, die Form der Nase und die Dicke der Beine anzugeben, sondern jedes einzelne Organ, jede einzelne Zelle, sogar jedes einzelne Protein, jedes Fett-Molekül und jedes DNA-Molekül des Tiere müsste exakt beschrieben werden. Außerdem müssten alle Verhaltensweisen und alle physiologischen Merkmale genau definiert werden.

In Schulbüchern und auch in vielen Genetikbüchern beschränkt man sich bei Rindern aber meistens auf die Farbe des Fells (braun / schwarz / weiß) und auf das Verteilungsmuster der Farbe (einfarbig / gescheckt). Man greift hier also zwei Merkmale von über zehntausend möglichen heraus und bezeichnet diese zwei Merkmale dann als "Phänotyp" des Tieres, zum Beispiel "Das Tier ist schwarz und gescheckt". Die Gene, welche diese beiden Merkmale beeinflussen, werden dann als "Genotyp" des Tieres bezeichnet. 

"Schwarz und gescheckt" ist also nicht der Phänotyp eines Rindes, sondern ein partieller (teilweiser) Phänotyp. Entsprechend ist SSgg nicht der Genotyp dieses Rindes, sondern ein partieller Genotyp. Es hat sich nun aber eingebürgert, den Begriff "partiell" bei solchen Angaben wegzulassen. Aber trotzdem sollte man sich das klarmachen, dass ein Genotyp / Phänotyp immer nur partiell angegeben ist.

Polygenie und Polyphänie

Heute weiß man, dass jedes Merkmal - zumindest bei Eukaryoten - von mehreren bis vielen Genen beeinflusst werden kann (Polygenie). Und umgekehrt kann ein einzelnes Gen Einfluss auf mehrere bis viele Merkmale nehmen (Polyphänie). Die Zuordnung von Genotyp und Phänotyp ist also nur in ganz einfachen Fällen eindeutig möglich, meistens sind die Zusammenhänge komplexer. Daher muss man auch Zeitungsmeldungen wie "Gen für Intelligenz entdeckt" mit Vorsicht genießen. Die Intelligenz wird nicht von einem einzigen Gen beeinflusst, sondern von vielen Genen. Und die Umwelt spielt außerdem auch noch eine wichtige Rolle bei der Intelligenz und bei vielen anderen Merkmalen des Phänotyps.

Gen und Allel

Ein Gen ist ein DNA-Abschnitt, der für ein bestimmtes Merkmal zuständig ist, beispielsweise für die Augenfarbe. Dass ein Merkmal von mehreren Genen beeinflusst werden kann (Polygenie, siehe oben), wollen wir jetzt einmal vernachlässigen.

Was ist nun ein Allel? Unter einem Allel versteht man eine bestimmte Ausprägungsform eines Gens. Das Gen für die Augenfarbe kann beispielsweise blaue Augen, grüne Augen, braune Augen und so weiter hervorbringen, es liegt also in unterschiedlichen Ausprägungen - Allelen - vor. Molekularbiologisch kann man diese unterschiedlichen Ausprägungen eines Gens auf Mutationen zurückführen, die irgendwann in der Stammesgeschichte des Organismus mal aufgetreten sind. Ein Gen, dass zum Beispiel für blaue Augen zuständig ist, kann durch eine Mutation plötzlich braune Augen hervorbringen (nur mal angenommen; in Wirklichkeit ist das alles viel komplizierter). Wenn diese Mutation keinen gravierenden Nachteil für die Organismen darstellt, wird sie weiter vererbt, und wenn dann ein Genetik daherkommt und diese Mutation entdeckt, kann er sagen, dass er ein neues Alles des Gens für die Augenfarbe entdeckt hat.

Quellen:

  1. Lexikon der Biologie, Artikel "Genotyp", Spektrum-Verlag 1999.
  2. Lexikon der Biologie, Artikel "Phänotyp", Spektrum-Verlag 1999.