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Redoxpotenziale der Halogene

Wie kann man nun die genauen Werte derRedoxpotenziale der Halogene ermitteln? Im Prinzip genau so, wie man die Redoxpotenziale der Metalle ermittelt: Wir bauen uns ein galvanisches Element aus zwei Halbzellen. Die eine Halbzelle hat ein bekanntes Redoxpotenzial, die andere Halbzelle ist die Iod-, Brom- oder Chlorhalbzelle, deren Redoxpotenzial wir bestimmen wollen. Die entscheidende Frage ist allerdings: Wie baut man eine Iod-, Brom- oder Chlorhalbzelle?

Herstellung einer Brom-Halbzelle

Versuch 6: Elektrolyse einer Zinkbromid-Lösung
Durchführung:
  1. Geben Sie in ein Becherglas eine 1-molare Zinkbromid-Lösung.
  2. Stellen Sie zwei Kohleelektroden in das Becherglas, ohne das diese sich gegenseitig berühren.
  3. Verbinden Sie die beiden Elektroden mit einer Gleichspannungsquelle (5 bis 8 Volt) und schalten Sie für ca. 5 Minuten dern Strom ein.
Beobachtungen:

Es findet eine Elektrolyse statt. Am Minuspol bildet sich eine graue Schicht von Zink, am Pluspol entstehen braune Schlieren von Brom.

Elektrolysen sollten aus der Jahrgangsstufe 8 oder 9 bekannt sein. Falls nicht, hier noch einmal das Wesentliche kurz zusammengefasst:

Chemie-Nachhilfe:

Die im Wasser gelösten Zink-Ionen werden vom Minuspol angezogen, wo Elektronenüberschuss herrscht. Dort nehmen die zweifach positiv geladenen Zink-Ionen je zwei Elektronen auf und werden zu Zink-Atomen:

$Zn^{2+}_{(aq)}+ 2 e^{-} \to Zn_{(s)}$

Die im Wasser gelösten Bromid-Ionen werden vom Pluspol angezogen, wo Elektronenmangel herrscht. Die negativen Bromid-Ionen geben je ein Elektron an den Pluspol ab und werden zu Brom-Atomen:

$2 Br^{-}_{(aq)} \to 2 Br_{(aq)} + 2 e^{-} $

Je zwei Brom-Atome vereinigen sich dann zu einem Brom-Molekül.

Nun kommt die Fortsetzung des Versuchs, welche die meisten Schüler und auch viele Schülerinnen oft mit offenem Mund dastehen lässt:

Versuch 6: Fortsetzung
Durchführung:

Ziehen Sie die Stromkabel aus der Gleichstromquelle heraus und stecken Sie sie in ein Voltmeter!

Beobachtungen:

Am Voltmeter kann man eine deutliche Spannung von über 1 Volt beobachten.

Was wir hier gemacht haben, ist im Grunde total einfach: Wir haben ein galvanisches Element erzeugt, dass aus einer Zink-Halbzelle und einer Brom-Halbzelle besteht. Durch die Elektrolyse hat sich die eine Kohle-Elektrode mit einer Zinkschicht überzogen, die andere Kohle-Elektrode mit einer Schicht aus gelöstem Brom. Die so präparierten Elektronen wirken nun wie eine Zink-Halbzelle bzw. wie eine Brom-Halbzelle. Wenn man die beiden Halbzellen über ein Voltmeter verbindet, kann man eine überraschend hohe Spannung beobachten.

Wie können wir mit diesem Versuch nun das Redoxpotenzial von Brom ermitteln?

Ermittlung des Redoxpotenzials vom Brom

Schritt 1

In welcher Richtung fließen hier die Elektronen? Wer spielt die Rolle des Elektronen-Donators, wer die Rolle des Elektronen-Akzeptors?

Betrachten wir dazu einfach mal die Reaktion zwischen Zink und Brom, wie sie im Reagenzglas abläuft:

$Zn \to Zn^{2+} + 2 e^{-} $ $Br_{2} + 2 e^{-} \to 2 Br^{-}$

Die Zink-Atome geben je zwei Elektronen ab, die Brom-Moleküle nehmen je zwei Elektronen auf. Es werden also Elektronen vom Zink auf die Brom-Moleküle übertragen. Zink ist hier der Elektronen-Donator, Brom der Elektronen-Akzeptor.

Ähnlich läuft es auch bei unserer umgekehrten Elektrolyse statt. Die Zink-Halbzelle stellt also den Minuspol dar, die Iod-Halbzelle den Pluspol.

Zink bzw. das System Zn2+(aq)/Zn(s) hat ein Standard-Redoxpotenzial von -0,76 V. Da die Zink-Halbzelle die Donator-Halbzelle ist, muss die Brom-Halbzelle ein positiveres Redoxpotenzial besitzen als die Zink-Halbzelle. Wenn wir am Voltmeter eine Spannung von genau 1,8 Volt gemessen haben (ein durchaus realistischer Wert), kann man daraus den Wert für die Brom-Halbzelle ableiten: +1,04 Volt. Das Redoxpotenzial von Brom müsste also bei +1,04 V liegen. Der tatsächliche Wert beläuft sich auf 1,07 Volt. Damit war unsere Messung schon mal sehr gut.

Edle und unedle Metalle und Nichtmetalle

Metalle

Metalle haben nur wenige Außenelektronen. Um in den Edelgaszustand zu kommen, ist der Weg des geringsten Widerstands daher, die Außenelektronen abzugeben. Unedle Metalle wie Natrium oder Calcium geben diese Außenelektronen recht "gern" ab, während edle Metalle wie Kupfer oder Silber die Außenelektronen nicht so leicht hergeben.

  • Unedle Metalle = negatives Redoxpotenzial
  • Edle Metalle = positives Redoxpotenzial
Nichtmetalle

Nichtmetalle haben viele Außenelektronen, sie müssen nur noch wenige Elektronen aufnehmen, um in den Edelgaszustand zu gelangen. Die Halogene wie Chlor und Brom müssen sogar nur ein einziges Elektron aufnehmen. Die Halogene sind daher sehr reaktiv und somit "unedel". Umgekehrt gilt für die Halogene, dass sie ein einmal aufgenommenes Elektron nicht mehr "herausrücken" wollen. Das Redoxpotenzial (die Fähigkeit zur Abgabe von Elektronen) ist also nicht besonders groß. Mathematisch korrekt muss man sagen, das Redoxpotenzial der Halogene ist stark positiv.

  • Unedle Nichtmetalle = stark positives Redoxpotenzial
  • Edle Nichtmetalle = weniger stark positives Redoxpotenzial

Iodid-Ionen sind die Teilchen unter den Halogenen, die am liebsten Elektronen abgeben und zu Iod-Molekülen werden. Sie haben also das am wenigsten positive Redoxpotenzial. Wäre Iod jetzt ein Metall, müsste man es als "unedel" bezeichnen. Bei Nichtmetallen, die ja die Aufnahme von Elektronen anstreben, ist es aber genau umgekehrt. Hier ist Iod das "edelste" der Halogene".

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