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Schmelzpunkte von Salzen

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Auf dieser Seite wollen wir unsere bisher erworbenen Kenntnisse über die Ionenbindung und Salzkristalle mal anwenden, um bestimmte Eigenschaften bekannter Salze zu erklären. Dabei konzentrieren wir uns auf die Schmelzpunkte der Alkalihalogenide sowie einiger anderer Salze.

Schmelzpunkt von MgO

Magnesiumoxid hat mit 2640 °C einen wesentlich höheren Schmelzpunkt als Natriumchlorid mit 801°C. Wie kann man diesen hohen Schmelzpunkt des MgO erklären?

Festes MgO besteht aus Mg2+-Ionen und O2--Ionen, die sich im Kristallgitter gegenseitig anziehen, und zwar ziemlich stark, weil beide Ionen zweifach geladen sind.

Die Anziehungskraft zwischen zwei entgegengesetzt geladenen Ionen hängt im Wesentlichen von zwei Faktoren ab: erstens den Ionenladungen und zweitens dem Abstand zwischen den Ionen. Dies kann man mit folgender Formel zum Ausdruck bringen, die man auch als COULOMBsches Gesetz bezeichnet:

$F = k \cdot \frac{q_{1}\cdot q_{2}}{r^{2}}$

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Dabei ist $k$ eine Konstante, auf die wir hier nicht näher eingehen wollen, $q_{1}$ und $q_{2}$ sind die Ladungen der Ionen, und $r$ ist der Abstand zwischen den beiden Ionen.

Wichtig für die Beantwortung unserer Frage - wie kann man den hohen Schmelzpunkt von MgO erklären - sind die doppelten Ladungen der Ionen. Mit $q_{1}=2$ und $q_{2}=2$ erhält man den Faktor 4 auf dem Bruchstrich. Daher sollten die Anziehungskräfte zwischen Kationen und Anionen im MgO-Kristall ca. vier mal höher sein als im NaCl-Kristall. Der Abstand der Ionen ist bei diesen Überlegungen allerdings noch nicht mit berücksichtigt worden, er spielt ja laut obiger Formel ebenfalls eine große Rolle.

Tatsächlich beträgt die Gitterenergie von NaCl -781 kJ/mol, die von MgO aber -3933 kJ/mol, das ist sogar das Fünffache! Vielleicht liegt dieser "Mehrwert" ja daran, dass das Oxid-Ion kleiner ist als das Chlorid-Ion (Sauerstoff steht in der zweiten Periode, Chlor aber in der dritten), und dass daher der Abstsand zwischen den Ionen im MgO kleiner ist als im NaCl.

Der hohe Schmelzpunkt hängt jetzt direkt von der Gitterenergie ab. Schmelzen ist ja nichts anderes als das Überwinden der Anziehungskräfte zwischen den Teilchen eines Festkörpers. Wenn die Gitterenergie von MgO fünf mal so hoch ist wie die von NaCl, so muss man auch fünf mal so viel Wärmeenergie aufbringen, um MgO zu schmelzen.

Titansalze

Titannitrid TiN schmilzt bei 2950 °C. Das kann man leicht mit den beiden dreifach geladenen Ti3+-Kationen und N3--Anionen erklären. Wenn man die Abstände zwischen den Ionen mal vernachlässigt, müsste die Gitterenergie im TiN-Kristall neunmal höher sein als im NaCl-Kristall.

Titancarbid TiC hat mit 3157 °C einen noch viel höheren Schmelzpunkt. Sicherlich liegt das an der vierfach positiven Ladung des Ti4+-Iones und an der vierfach negativen Ladung des Carbid-Anions C4-. Die Gitterenergie müsste theoretisch 16 mal so hoch sein wie im NaCl-Kristall.

Schmelzpunkt der Alkalihalogenide

Betrachten wir die Schmelzpunkte der Alkalihalogenide als Tabelle:

Fluorid

Chlorid

Bromid

Iodid

Lithium

LiF
870

LiCl
613

LiBr
550

LiI
460

Natrium

NaF
992

NaCl
800

NaBr
747

NaI
650

Kalium

KF
855

KCl
770

KBr
730

KI
686

Rubidium

RbF
775

RbCl
720

RbBr
690

RbI
647

Cäsium

CsF
683

CsCl
645

CsBr
636

CsI
626

Die Schmelztemperaturen sind hier auch durch die Farben der Tabellenzellen angedeutet: Rot und Gelb stehen für recht niedrige Schmelztemperaturen, Grün und Blau für recht hohe.

Die Wahl der Farben mag hier den Einen oder die Andere verwirren, da man normalerweise Rottöne mit Wärme in Verbindung bringt. Beim Schmelzen von Metallen ist es allerdings anders. Das Metall glüht zunächst rot auf, bei höheren Temperaturen wird die Farbe zunächst gelb, dann weiß mit einem und bei extrem hohen Temperaturen sogar weiß mit einem leichten Blauton.

Wir wollen nun die Zusammenhänge analysieren.

Der Schmelzpunkt sinkt mit dem Radius der Anionen

Als erstes betrachten wir nur die Halogenide eines einzelnen Alkalimetalls, nehmen wir mal das Lithum. Was fällt uns hier auf?

Lithium

LiF
870

LiCl
613

LiBr
550

LiI
460

Ganz klar: die Schmelzpunkte nehmen von links nach rechts ab. Das Fluorid hat einen viel höheren Schmelzpunkt als das Iodid. Dies ist keine Ausnahme, sondern die Regel, wie ein Blick auf die anderen vier Reihen der Tabelle zeigt.

Eine Erklärung hierfür könnte die Größe der Halogenid-Ionen sein. Das Fluorid-Ion ist recht klein, schließlich besitzt das Ion nur die K- und L-Schale. Das Chlorid-Ion hat schon eine Elektronenschale mehr, die M-Schale. Das Bromid-Ion ist noch größer, und das Iodid-Ion mit fünf Elektronenschalen hat den größten Radius.

Bei den Ionen-Abständen wird immer die Entfernung zwischen den Atomkernen gemessen. Die Atomkerne von Lithium und Fluor sind beim LiF noch recht nah zusammen, da das Lithium-Ion nur zwei Elektronenschalen besitzt. Beim LiI sind die Atomekerne von Lithium und Iod dagegen recht weit entfernt, da das Iodid-Ion fünf Elektronenschalen besitzt.

Wenn wir nun auf die Formel

$F = k \cdot \frac{q_{1}\cdot q_{2}}{r^{2}}$

zurückkommen, so ist klar, dass ein größerer Abstand r eine deutlich kleinere Anziehungskraft F zur Folge hat. Kleine Anziehungskraft = niedrigerer Schmelzpunkt.

Der Schmelzpunkt sinkt mit dem Radius der Kationen

Betrachten wir nun die Spalten. Hier kann man eine Abnahme des Schmelzpunktes von oben nach unten beobachten. Die vier Lithium-Salze passen nicht ganz in das Schema, sie haben höhere Schmelzpunkte, als eigentlich erwartet.

Auch hier können wir wieder das COULOMBsche Gesetz heranziehen. Cäsium-Ionen haben mehr Elektronenschalen als Natrium-Ionen, daher ist der Ionenabstand beim CsF größer als beim NaF, und folglich ist der Schmelzpunkt von CsF niedriger als der von NaF. Dies gilt auch für die Chloride, die Bromide und die Iodide; eine Ausnahme macht nur das Kaliumiodid, das einen höheren Schmelzpunkt hat als das Natriumiodid. Solche Ausnahmen zeigen uns, dass es neben den Ionenladungen und dem Ionenabstand wohl noch weitere Faktoren geben muss, die die Gitterenergie bzw. den Schmelzpunkt eines Salzes beeinflussen.

Schmelztemperaturen der Lithiumsalze

Einen solchen weiteren Faktor finden wir bei den Lithiumsalzen. Ihre Schmelzpunkte sind ungewöhnlich niedrig. Nach dem COULOMB-Gesetz müssten die Lithium-Salze eigentlich die höchsten Schmelztemperaturen haben, wegen der äußerst geringen Ionenabstände.

Nun sind aber die Lithium-Ionen derart klein, dass sie sozusagen nur noch eine Nebenrolle spielen. Die Hauptmasse des Kristallgitters besteht aus Halogenid-Ionen, die Lithium-Ionen halten sich quasi in den Lücken dieses Anionengitters auf. Dadurch kommen sich die negativen Anionen viel näher als z.B. bei den Natriumhalogeniden. Es werden jetzt Abstoßungskräfte wirksam, die den Anziehungskräften entgegengesetzt sind. Das wäre zumindest eine von mehreren möglichen Erklärungen für die niedrigeren Schmelztemperaturen der Lithiumhalogenide.

Schmelztemperaturen der Iodide

Übrigens wäre das auch eine zusätzlich Erklärung dafür, dass die Iodide die niedrigsten Schmelztemperaturen haben. Das Iodid-Ion ist riesig im Vergleich zu den Metall-Ionen, so dass auch hier die Abstoßungskräfte zwischen den Iodid-Ionen wirksam werden, die den Schmelzpunkt weiter verringern.

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