Helmichs Biologie-Lexikon

Phosphorylierung

Die Phosphorylierung von Proteinen ist ein wirksamer Mechanismus, um die Aktivität eines Proteins zu regulieren.

Mechanismen zur Regulation der Proteinaktivität

Die Aktivität von Proteinen kann auf mehreren Stufen reguliert werden. Die oberste Stufe ist die Steuerung der Transkriptionsrate. Silencer und Enhancer (bei Prokaryoten Repressor- und Aktivatorproteine) können die Transkriptionsrate bestimmter Proteine beeinflussen, und damit die Konzentration des Proteins in der Zelle steuern.

Nach erfolgter Transkription können bestimmte RNA-Moleküle durch RNA-Interferenz und andere Mechanismen die Translationsrate beeinflussen.

Nach erfolgter Translation kann ein Protein allosterisch reguliert werden, indem sich ein Aktivator oder Inhibitor in das allosterische Zentrum des Proteins setzt und damit die Konformation des Proteins verändert, was sich bei Enzymen auch auf das aktive Zentrum auswirken kann.

Eine weitere Möglichkeit, die Aktivität eines Proteins nach erfolgter Translation zu beeinflussen, ist die Phosphorylierung.

Die Phosphorylierung

Bei der Phosphorylierung werden die Seitenketten bestimmter Aminosäuren des Proteins mit einer Phosphatgruppe ausgestattet, die in der Regel von einem ATP-Molekül gespendet wird:

Protein + ATP → Protein-P + ADP

Phosphorylierbare Aminosäuren

Nur die folgenden drei Aminosäuren können eine Phosphatgruppe aufnehmen:

  • Serin
  • Threonin
  • Tyrosin

Die drei phosphorylierbaren Aminosäuren
Autor: Ulrich Helmich 04/2024, Lizenz: siehe Seitenende

Auf diesem Bild sehen wir die drei phosphorylierbaren Aminosäuren mit ihren Seitenketten. Alle drei Seitenketten enthalten eine Hydroxygruppe (grün markiert), mit dieser OH-Gruppe reagiert die Phosphatgruppe; chemisch gesehen handelt es sich um eine Veresterung unter Freisetzung von H2O.

Ausschnitt aus einem phosphorylierten Protein
Autor: Ulrich Helmich 04/2024, Lizenz: siehe Seitenende

Auf dem zweiten Bild sehen wir einen Ausschnitt aus einem phosphorylierten Protein. Bei der phosphorylierten Aminosäure handelt es sich um Serin.

Folgen der Phosphorylierung

Eine solche Seitenketten-Phosphorylierung kann auf drei verschiedene Weisen die Konformation und damit oft die Aktivität des Proteins beeinflussen [1]:

  1. Eine Phosphatgruppe ist meistens zweifach negativ geladen. Die Seitenketten basischer und saurer Aminosäuren sind oft positiv bzw. negativ geladen. Die negative Phosphatgruppe kann also positive basische Seitenketten anziehen oder negative saure Seitenketten abstoßen. Beides verändert die Konformation des Proteins.
  2. Eine Phosphatgruppe, die an einer Seitenkette sitzt, wird oft von anderen Proteinen oder Cofaktoren erkannt. Somit können nach der erfolgten Phosphorylierung andere Proteine oder Cofaktoren an das phosphorylierte Protein andocken.
  3. Auch der umgekehrte Effekt ist möglich. Eine Bindungsstelle in einem Protein kann durch die Phosphorylierung verdeckt (maskiert) werden, so dass das Andocken anderer Proteine oder Cofaktoren verhindert wird.
Enzyme, die eine Phosphorylierung bewirken

Enyzme, die eine Phosphatgruppe von einem ATP-Molekül auf die Seitenkette eines Proteins übertragen, werden als Protein-Kinasen bezeichnet. In den Zellen der Eukaryoten gibt es Hunderte solcher Kinasen, wobei jede Kinase für ein spezielles Protein oder für eine Gruppe verwandter Proteine zuständig ist. Allerdings ist allen Kinasen eine ca. 290 Aminosäuren umfassende Sequenz gemein, die für die eigentliche Phosphorylierung zuständig ist [1]. Die Aminosäuren links und rechts dieser Konsensussequenz unterscheiden sich bei den verschiedenen Kinasen - müssen sich sogar unterscheiden, denn wie sonst soll die Kinase ihr spezifisches Protein erkennen, das sie phosphorylieren soll?

Weil die Phosphorylierung recht energieaufwendig ist, ist die Reaktion nicht direkt umkehrbar. Viele enzymatisch katalysierte Reaktionen sind ja reversibel, das heißt, viele Enzyme beschleunigen sowohl die Hin- wie auch die Rückreaktion. Bei den Protein-Kinasen ist das aber nicht der Fall. Um ein Protein zu dephosphorylieren, also um die Phosphatgruppe wieder zu entfernen, ist eine völlig andere Gruppe von Enzymen zuständig, nämlich die Klasse der Protein-Phosphatasen.

Phosphorylierungs-Kaskaden

Und jetzt wird es sogar noch interessanter: Die meisten Kinasen besitzen eine Sequenz, die phosphoryliert werden kann. Erst die phosphorylierte Kinase ist in der Lage, ihr spezifisches Protein zu phosphorylieren. Auf diese Weise entstehen ganze Phosphorylierungs-Kaskaden in der eukaryotischen Zelle:

Ein Rezeptor in der Membran der Zelle empfängt ein Signal von außen, im Zellinnern wird ein second messenger produziert, beispielsweise cAMP, und dieser second messanger aktiviert die Moleküle der ersten Kinase. Jedes Molekül dieser Kinase phosphoryliert wieder mehrere Moleküle einer weiteren Kinase, und jede dieser Kinasen phosphoryliert wieder viele Moleküle eines anderen Proteins.

Diese so aktivierten Proteine schließlich bewirken dann den eigenlichen Effekt, die Antwort auf den von außen kommenden Signalstoff. Auf diese Weise kann ein einziges empfangenes Signal-Molekül viele Tausend Wirkstoff-Moleküle in Gang setzen.

Zwei wichtige Proteinkinasen, die Bestandteil einer solchen Phosphorylierungs-Kaskade sind, sind die Proteinkinase A und die Proteinkinase C:

Proteinkinase A

Die Proteinkinase A (kurz PKA) ist eine cAMP-abhängige Proteinkinase und gehört zu den Serin/Threonin-Kinasen. Das heißt, sie überträgt eine Phosphatgruppe vom ATP auf die Seitenkette der Aminosäure Serin oder Threonin in einem Protein. Weitere Einzelheiten finden Sie auf dieser Seite im Biologie-Lexikon.

Proteinkinase C

Die Proteinkinase C (kurz PKC) ist eine Ca2+/IP3-abhängige Proteinkinase und gehört ebenfalls zu den Serin/Threonin-Kinasen. Auch dazu finden Sie weitere Einzelheiten auf dieser Seite im Biologie-Lexikon.

Quellen:

  1. Alberts et al. Molekularbiologie der Zelle, 6. Auflage, Weinheim 2017.