Helmichs Biologie-Lexikon

Exocytose

Unter einer Exocytose versteht man das Ausschleusen von Material aus einer Zelle, indem Vesikel, die mit diesem Material bestückt sind, sich mit der Zellmembran vereinigen und mit dieser verschmelzen, so dass der Inhalt der Vesikel in das Außenmedium gelangt.

Ablauf einer Exocytose
Autor: Ulrich Helmich 2021, Lizenz: siehe Seitenende

  1. Ein Transportvesikel, das von einer Golgi-Zisterne oder vom ER abgeschnürt wurde, ist mit Sekret-Molekülen beladen, zum Beispiel einem Hormon, das ausgeschüttet werden soll.
  2. Das Transportvesikel dockt an die Zellmembran an.
  3. Fusion des Transportvesikels mit der Zellmembran, eventuell durch einen Trigger beschleunigt.
  4. Der Inhalt des Transportvesikels wird in das extrazelluläre Medium freigesetzt.

Damit ist der Vorgang der Exocytose abgeschlossen. Normalerweise wird das Membranmaterial des Transportvesikels wiederverwertet. Daher schnürt sich das leere Transportvesikel wieder ab (5, 6) und kann dann in das Zellinnere zurück transportiert werden (7). Die Schritte 5 bis 7 werden dann auch als Endocytose bezeichnet, genauer gesagt, als "Exocytose gekoppelte Endocytose" [1].

Man unterscheidet bei dieser Exocytose zwischen der konstitutiven und der getriggerten Exocytose [1]. Die konstitutive oder ungetriggerte Exocytose ist die "normale", recht langsam verlaufende Exocytose, wie sie beispielsweise bei der Exkretion von Hormonen stattfindet. Die getriggerte Exocytose ist eine extrem schnelle Exocytose, wie man sie von der Freisetzung von Neurotransmittern in synaptischen Endknöpfchen kennt, wo innerhalb von Sekundenbruchteilen plötzlich Tausende von Vesikeln mit der präsynaptischen Membran verschmelzen.

Ungetriggerte Exocytose

Diese Art der Exocytoxe ist eigentlich die Normalform der Exocytose. Ein wichtiges Beispiel ist der Einbau von Proteinen und speziellen Lipiden in die Zellmembran, wie die folgende Abbildung zeigt:

Einbau von Membranproteinen durch "Exocytose". Grün = Membranproteine, rot = Oligosaccharide.
Autor: Ulrich Helmich 2021, Lizenz: siehe Seitenende

Der Einbau der Membranproteine in eine Membran findet bereits im ER statt. Von dort gelangen die Proteine über ER-Vesikel (in deren Membran) in den Golgi-Apparat, in dessen Membran sie dann eingebaut werden. Nach einer chemischen Modifizierung (Anhängen von Oligosaccariden, Spaltung von Peptidbindungen, knüpfen neuer Disulfidbrücken und so weiter) werden die Proteine dann in Golgi-Vesikel verfrachtet, wo sie sich ebenfalls in der Membran befinden. Die Golgi-Vesikel verschmelzen dann mit der Zellmembran. Ein Recycling findet der Vesikel findet dann nicht unbedingt oder auf direkte Weise statt. Aber es wird ja immer wieder Membranmaterial durch Endocytose abgeschnürt und kann dann wiederverwertet werden.

Weitere Beispiele für ungetriggerte Exocytose [1]:

  • Sekretion von Antikörpern
  • Sekretion von Wachstumsfaktoren
  • Sekretion von Zellwandmaterial bei Pflanzenzellen
  • Sekretion von Komponenten der extrazellulären Matrix in tierischen Geweben

Auch wenn diese Exocytosen nicht getriggert sind, heißt das nicht, dass sie nicht reguliert werden können.

Die Transportvesikel werden mit Hilfe bestimmter Proteinfilamente zur Zellmembran transportiert. Jedes Transportvesikel besitzt in seiner Membran bestimmte Proteine, die nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip mit anderen Proteinen in der Zellmembran reagieren, mit sogenannten Dockproteinen.

Getriggerte Exocytose

Das prominenteste Beispiel für eine getriggerte Exocytose ist die Freisetzung der Neurotransmitter in den synaptischen Spalt. Die Exocytose geschieht hier extrem schnell, innerhalb von Millisekunden. Aber auch Drüsenzellen und andere Zellen können ihre Sekrete innerhalb von Minuten abgeben, so dass man auch hier von einer getriggerten Exocytose sprechen kann.

Wodurch wird die Exocytose nun getriggert? Der entscheidende Trigger (Auslöser) ist die Konzentration an Calcium-Ionen in der Zelle, die normalerweise sehr niedrig ist, meistens liegt c(Ca2+) bei 10-7 mol/l. Steigt diese Ca2+-Konzentration nun durch Einstrom von Calcium-Ionen mit dem Konzentrationsgradienten (und dem elektrischen Gradienten; die Membraninnenseite ist negativ!) durch Calcium-Kanäle stark an, zum Beispiel auf das Zehnfache oder mehr, löst dies die Fusion der Vesikel mit der Zellmembran aus. Bei den Nervenzellen befinden sich die meisten synaptischen Vesikel schon in einer Art "Wartestellung" in der Nähe der Zellmembran oder haben bereits an diese angedockt. Sie "warten" quasi auf den entscheidenden Trigger, damit sie mit der Membran fusionieren können.

Neurotransmitter-Freisetzung

Auf dieser Seite der Neurobiologie-Abteilung erfahren Sie Näheres über die Freisetzung von Neurotransmittern bei der synaptischen Übertragung.

Beispiele für getriggerte Exocytosen [1]:

  • Abgabe von Neurotransmittern in den synaptischen Spalt
  • Exkretion von Verdauungsenzymen und Schleim im Dünndarm
  • Freisetzung von Toxinen in den Speicheldrüsen von Giftschlangen
  • Insulin-Freisetzung in den beta-Zellen der Bauchspeicheldrüse und Glucagon-Freisetzung in den alpha-Zellen der Bauchspeicheldrüse.
  • Abgabe von Wachstumshormonen in der Hypophyse (Hirnanhangsdrüse)
  • Sekretion von Neurohormonen

Quellen:

  1. Plattner, Hentschel. Zellbiologie, 5. Auflage. Stuttgart 2017.