Helmichs Biologie-Lexikon

Bergmannsche Regel

Die Bergmannsche Regel ist eine wichtige autökologische Klimaregel und besagt im Wesentlichen, dass nah verwandte gleichwarme Tiere in kälteren Regionen durchschnittlich größer sind als in wärmeren Regionen. Der Eisbär ist beispielsweise die größte Bärenart; Bären, die in Europa oder in den USA leben, sind deutlich kleiner. Ein anderes Beispiel sind die verschiedenen Pinguinarten.

Pinguinart Lebensraum Größe
Kaiser-Pinguin Südpol 125 cm
Magellan-Pinguin südlicher Teil von Südamerika 75 cm
Humboldt-Pinguin Westküste von Südamerika 65 cm
Galapagos-Pinguin Galapagos-Inseln, Äquatornähe 50 cm

In einem Schulbuch aus dem Klett-Verlag habe ich eine schöne Abbildung mit verschiedenen Tigerarten gefunden. Hier die Daten:

Tigerart Lebensraum Gewicht
Sibirischer Tiger Sibirien 250 kg
Bengal-Tiger südliches Sibirien, nördliches China 235 kg
Südchinesischer Tiger südliches China 150 kg
Indonesischer Tiger Indonesien (südlich von China) 170 kg
Sumatra-Tiger Sumatra (südlich von Indonesien) 120 kg
Bali-Tiger Inseln südlich von Sumatra 95 kg
physikalische Erklärung der BERGMANNschen Regel

Die Bergmannsche Regel erklärt man am besten mit künstlichen "Würfeltieren". Stellen wir uns einen Würfel der Kantenlänge 10 cm vor. Dieser Würfel hat ein Volumen von 1000 cm3 und eine Oberfläche von 600 cm2.

Das Volumen des "Würfeltieres" soll nun für die Produktion der Körperwärme verantwortlich sein. Die Körperwärme eines gleichwaremen Tiers wird durch die Stoffwechselprozesse in den Zellen erzeugt. Je mehr Zellen ein Tier hat, desto mehr Wärme kann es auch produzieren.

Die Oberfläche des "Würfeltieres" ist nun für den Verlust von Wärme verantwortlich. Je größer die Oberfläche, desto größer der Wärmeverlust. Das große "Würfeltier" produziert also 1000 Wärmeeinheiten und verliert gleichzeitig 600 Einheiten.

Denken wir uns nun ein kleines "Würfeltier" mit einer Kantenlänge von nur 5 cm. Das Volumen dieses Tiers beträgt nur 125 cm3, also 1/8 des Volumens des großen Tiers. Das kleine Tier produziert daher auch nur 125 Wärmeeinheiten. Die Oberfläche des kleinen Tiers berechnet sich zu 150 cm2. Die Wärmeabgabe des kleinen Tiers berechnet sich somit mit 150 Einheiten.

Kantenlänge l Volumen V Oberfläche O Verhältnis V:O
10 cm 1000 cm3 600 cm2 1,67
5 cm 125 cm3 150 cm2 0,83
2 cm 8 cm3 24 cm2 0,33
1 cm 1 cm3 6 cm2 0,17

Je kleiner ein Tier also ist, desto ungünstiger ist das Verhältnis von Volumen zu Oberfläche - zumindest, wenn es darum geht, Wärmeverluste zu vermeiden.

Bergmannsche Regel und wechselwarme Tiere

Bis vor kurzem galt für wechselwarme Tiere wie zum Beispiel Insekten die Bergmannsche Regel in umgekehrter Weise. Wechselwarme Tiere produzieren keine eigene Körperwärme, können daher auch keine Wärme an die Umgebung verlieren. Im Gegenteil, wenn es ihnen zu kalt ist, legen sie sich in die Sonne, um sich aufzuwärmen. Je größer die Körperoberfläche im Verhältnis zum Volumen ist, desto besser für das Tier. In kalten Gegenden sollten wechselwarme Tiere daher kleiner sein als in warmen Gegenden, wo ein Wärmeüberschuss besteht.

Nun gibt es aber eine Studie von Gunnar Brehm (Friedrich-Schiller-Universität Jena) vom 10. September 2018, veröffentlicht in der Zeitschrift "Ecography", nach der es - zumindest bei Motten - tatsächlich so ist, wie die Bergmansche Regel beschreibt[1].

"In einem Höhenprofil vom heißen Tiefland bis in die kühleren Gipfellagen eines Vulkans in Costa Rica werden die Vertreter zweier extrem artenreicher Schmetterlingsfamilien– der Bärenspinner und Spanner – zunehmend größer, je höher es hinaufgeht."[2].

Artverwandte Tiere, die in kälteren Regionen eines Gebirges leben, sind also größer als ihre Verwandten, die weiter unten in den wärmeren Regionen leben.

Hinweis für Abiturienten

Bergmannsche Regel - ganz wichtig! Auf jeden Fall beherrschen!

Quellen:

  1. Gunnar Brehm, Dirk Zeuss, Robert K. Colwell: " Moth body size increases with elevation along a complete tropical elevational gradient for two hyperdiverse clades" in Ecography, Early View, 10.09.2018
  2. Daniel Lingenhöhl: "Je höher, desto größer" in Spektrum der Wissenschaft kompakt 42/2018.