Festigungsgewebe
Eine Landpflanze, die entgegen der Schwerkraft einigermaßen hoch werden will, benötigt spezielle Festigungsgewebe. Ein solches Festigungsgewebe gewährleistet der Pflanze mechanische Stabilität und schützt sie gegen äußere Einwirkungen wie Wind, Schnee und Regen.
Festigungsgewebe sind besonders wichtig für größere Pflanzen, bei denen die Kraft des Turgors allein nicht ausreicht, um für ausreichende Festigkeit zu sorgen.
Es gibt zwei Haupttypen von Festigungsgewebe: Kollenchym und Sklerenchym.
Kollenchym
Kollenchym ist lebendiges und wachstumsfähiges Gewebe. Die Zellen des Kollenchyms sind langgestreckt, haben dickere Zellwände und besitzen oft Chloroplasten. Da die Zellwände nur teilweise verdickt sind, ist ein ungehinderter Stoffaustausch weiterhin möglich. Da die Kollenchymfasern leben und zur Streckung befähigt sind, findet man sie vor allem in jungen, wachsenden Geweben.
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Sklerenchym
Sklerenchym ist totes und nicht mehr wachstumsfähiges Gewebe. Durch Zellulose-Enlagerungen und die zusätzliche Einlagerung von Lignin (Holzstoff) sind die Zellwände stark verholzt. Das Sklerenchym setzt sich aus vielen langgestreckten Sklerenchymfasern zusammen, die spindelförmig miteinander verzahnt sind. Auf diese Art und Weise können sich Pflanzen, die Sklerenchym bzw. Sklerenchymfasern besitzen, starken Zug- und Biegungsbelastungen widersetzen.
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Evolution der Festigungsgewebe
Bei der Evolution der Festigungs- oder Stützgewebe gab es ein kleines Dilemma. Einerseits mussten die frühen Pflanzen Photosynthese betreiben. Da sie noch keine Blätter entwickelt hatten, konnten die Zellen zur Photosynthese nur in den äußeren Schichten der dünnen Stängel lokalisiert sein.
Der physikalisch optimale Ort für Festigungsgewebe ist aber ebenfalls die äußere Schicht der Stängel. Festigungsgewebe mit seinen verdickten Zellwänden lässt aber zu wenig Licht für eine optimale Photosynthese durch.
Die ersten Landpflanzen konnten dieses Problem noch vermeiden. Sie hatten noch keine richtigen Festigungsgewebe, sondern widerstanden der Schwerkraft mit Hilfe von hohlen Zellen, die mit Wasser gefüllt waren. Durch den hohen Turgor in diesen Zellen konnten die Pflanzen dann einigermaßen aufrecht stehen. Allerdings konnten die Pflanzen damit nur geringe Höhen von wenigen Zentimetern erreichen. Wollten die Pflanzen höher werden, musste "richtiges" Festigungsgewebe "erfunden" werden.
Dieser Konflikt zwischen Festigung der Pflanze und Photosynthese wurde dann im Laufe der Evolution durch die Entwicklung von Blättern gelöst. Die Blätter enthielten nur wenig Festigungsgewebe, dafür aber viele auf Photosynthese spezialisierte Zellen, während die Stängel sich auf die Festigung der Pflanze konzentrieren konnten [1].
Quellen:
- Willis, McElwain. The Evolution of Plants, Oxford 2014
- Gemeinholzer, Birgit, Systematik der Pflanzen kompakt, Springer Spektrum 2018.
- Niklas. Plant Evolution: An Introduction to the History of Life. The University of Chicago Press, 2016.
- Kadereit , Körner, Nick, Sonnewald: Strasburger - Lehrbuch der Pflanzenwissenschaften, 38. Auflage, Springer Berlin Heidelberg 2021.
- Lüttge, Faszination Pflanzen, Springer-Verlag 2017
- Spektrum-Lexikon der Biologie, Artikel "Festigungsgewebe"